Bildung | Gesundheit
Mit App und Unterricht die Lebensrettung durch Laien noch selbstverständlicher machen
Bei plötzlichem Herzstillstand versuchen Laien in Deutschland bei etwas mehr als der Hälfte der Notfälle eine Reanimation - mit Übung und Aufklärung lassen sich noch mehr Leben retten und Pflegefälle vermeiden
Plötzlicher Herzstillstand ist weltweit eine der häufigsten Todesursachen. Ohne sofortige Reanimation sinkt die Überlebenschance in solchen Notfällen minütlich um zehn Prozent – allein in Deutschland sterben in jedem Jahr etwa 65.000 Menschen außerhalb eines Krankenhauses an einem Herzstillstand. Ein Antragsentwurf der Grünen-Bürgerschaftsfraktion fordert deshalb eine deutliche Stärkung der Aufklärung, Information und der praktischen Übung für Laien, Betroffenen in solchen Fällen zu helfen und sie zu reanimieren. „Als Gesellschaft insgesamt müssen wir alle noch viel mehr Selbstverständlichkeit im Umgang mit Erster Hilfe erlangen“, sagt Ralph Saxe, der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft: „Deshalb wollen wir regelmäßigen Erste-Hilfe-Unterricht in allen Bremer Schulklassen ab der siebten Klasse sicherstellen. Denn Erste Hilfe wird ganz selbstverständlich, wenn man sich schon früh praktisch und empathisch damit auseinandersetzt. Auch über die Schulen hinaus sollen neue Kursangebote für Zielgruppen entwickelt werden, die Erste-Hilfe-Kurse bisher kaum wahrnehmen.“
Neben einer begleitenden Informationskampagne soll bis Anfang 2025 ein Ersthelfersystem für die Stadtgemeinde Bremen etabliert werden, das in einer App die Standorte aller öffentlich zugänglichen und nutzbaren Defibrillatoren anzeigt und registrierte Ersthelfer*innen im Notfall alarmieren kann. „In Niedersachsen funktioniert das schon gut. Sobald das in Bremen funktioniert, können auch hier noch mehr Leben gerettet und Menschen davor bewahrt werden, ein Pflegefall zu werden“, hofft Saxe: „Weil dafür jede Minute zählt, ist schnelle Hilfe entscheidend, noch bevor der Rettungsdienst eintrifft – und dabei kommt es auf zufällig anwesende Kolleg*innen, Passant*innen oder Anwohner*innen an, die schnell, kompetent und mutig eingreifen und für kurze Zeit die Wiederbelebungsmaßnahmen übernehmen.“ Denn Gehirnzellen erleiden nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand schon nach drei bis fünf Minuten ohne Blutfluss irreparable Schäden – und bis der Rettungsdienst eintrifft, vergehen im Durchschnitt acht oder mehr Minuten.
Die Laienreanimationsquote – der Anteil der Notfälle, in denen Laien als Ersthelfer eingreifen und eine Reanimation versuchen – konnte in Deutschland zwischen 2010 und 2022 von 14 Prozent auf 51 Prozent gesteigert werden. Ein wichtiger Beitrag zu ihrer weiteren Verbesserung ist in Bremen die bereits standardisierte Betreuung von Notrufen durch die Feuerwehr- und Rettungsleitstelle, die die Notfälle strukturiert erfasst, einordnet und anrufende Laien anleitet. In anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden oder Schweden liegt die Laienreanimationsquote inzwischen sogar bei 70 bis über 80 Prozent. „Deshalb wollen wir uns hier ein Beispiel nehmen und das Wissen und Üben von Wiederbelebungsmaßnahmen in den Schulunterricht, den Betriebsalltag und die Freizeitgestaltung einbauen. Mit noch breiterer Information und Motivation stärken wir die Kultur der Hilfsbereitschaft und Selbstsicherheit – und damit Gesundheit und Sicherheit für alle Bürger*innen“, so Ralph Saxe.