Bremen mit neuem Vergabegesetz Vorreiter in Sachen fairer Beschaffung, sozialer Standards und Mindestlohn
Bremen mit neuem Vergabegesetz Vorreiter in Sachen fairer Beschaffung, sozialer Standards und Mindestlohn
Bei wirtschaftlich gleichwertigen Angeboten sollen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge künftig soziale Kriterien den Ausschlag geben. "Das neue Gesetz ist gut für alle Betriebe, die ausbilden, sich für eine berufliche Gleichstellung von Frauen engagieren oder Schwerbehinderte beschäftigen. Die rot-grüne Koalition zeigt damit, dass wir es ernst meinen mit der Durchsetzung von Mindestlöhnen, Tariftreue sowie sozialen und ökologischen Standards", erklären dazu die beiden Fraktionsvorsitzenden Dr. Carsten Sieling (SPD) und Dr. Matthias Güldner (Bündnis 90/DIE GRÜNEN).
"Dieses Gesetz wird Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen im Land Bremen verhindern. Künftig dürfen Aufträge nur noch vergeben werden, wenn sich die Auftragnehmer verpflichten, ihren Beschäftigten Tariflöhne, im Entsendegesetz festgelegte Entgelte oder, wenn beides nicht greift, einen Mindestlohn von 7,50 Euro brutto zu zahlen. Dadurch wird sich die Situation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor, z.B. bei Bewachungsfirmen, verbessern", erklärt der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Dr. Carsten Sieling.
Die Neuregelung des Tariftreue- und Vergabegesetzes ist voll vereinbar mit den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH): Bei Bauleistungen verlangt das Gesetz Beachtung der im Arbeitnehmer-Entsendegesetz festgeschriebenen Tarifverträge, ÖPNV-Dienstleistungen sind von der Vergabe-Rechtsprechung des EuGH nicht betroffen. Bei anderen Dienstleistungsaufträgen, die in der Regel nicht europaweit ausgeschrieben werden, gilt der Mindestlohn.
Bremen soll nach dem Willen der Koalition zudem nur noch Waren beziehen, bei deren Herstellung die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beachtet wurden. Dazu erklärt Matthias Güldner, Fraktionsvorsitzender der Grünen: "Kinder gehören auf die Schulbank und nicht an die Werkbank. Wir wollen das öffentliche Auftragsvolumen nutzen, um unseren Teil zur Durchsetzung des fairen Handels beizutragen. Wir wollen keine Pflastersteine, für die Kinder unter katastrophalen Bedingungen in Steinbrüchen schuften müssen."
Nicht zuletzt soll der Hebel des öffentlichen Auftragsvolumens angesetzt werden, um umweltschonende Standards durchzusetzen. Matthias Güldner: "Vom nachhaltigen Wirtschaften profitieren Umwelt und Mensch. Die öffentliche Hand muss mit ihrem Konsumverhalten ein positives Beispiel für Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger geben."
Bremen könnte beispielsweise Schultische von jenen Herstellern beziehen, die ihr Holz aus nachweislich nachhaltiger Forstwirtschaft beziehen und somit keinen Raubbau betreiben. Die Liste des Möglichen ist lang – von Computern bis zu Dienstfahrzeugen. Umweltfreundliche Produkte sind zwar meist etwas teurer in der Anschaffung, weisen aber z.B. durch einen sparsameren Energieverbrauch geringere Folgekosten auf. Womöglich höhere Preise werden zudem durch die Zentralisierung des Beschaffungswesens und damit einhergehende Spareffekte aufgefangen. Denn die Umstellung auf den zentralen Einkauf ermöglicht durch höhere Bestellmengen bessere Preis-Konditionen.
Das neue Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe (Tariftreue- und Vergabegesetz) soll noch in diesem Jahr in Kraft treten.