Zukunft gestalten statt Chaos verwalten
Zukunft gestalten statt Chaos verwalten
Zukunft gestalten statt Chaos verwalten
"Von Klarheit und Wahrheit - Prämissen seriöser Haushaltspolitik - keine Spur," kommentiert die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert den Haushaltsentwurf 2006/2007 des Senats. "Die Finanz- und Haushaltspolitik der großen Koalition gefährdet die Zukunft des Bundeslandes Bremen. Sie zeigt keine Perspektiven auf und setzt sich über bestehendes Recht hinweg. Der Entwurf ist reif für den Papierkorb. Die Grünen fordern den Senat auf, bis Ende August 2006 einen überarbeiteten Entwurf in die Bürgerschaft einzubringen." Die einseitige Sparpolitik zu Lasten der Bürger muss korrigiert werden. Die grüne Haushaltsexpertin betont: "Bremen muss einen Schwerpunkt im Bereich Bildung und Wissenschaft setzen. Die entsprechenden Ankündigungen der großen Koalition sind nur Lippenbekenntnisse. Für uns hat die Bildung – angefangen im Kindergarten - höchste Priorität. Das sind wir dem Wirtschaftsstandort und den jungen Menschen schuldig."
Haushalt 2006/2007 – die Verwirrung ist komplett
Der Verlauf der Haushaltsberatungen lässt sich mit zwei Worten zusammenfassen: Chaos pur. Im Februar wurde der Senatsentwurf der Bürgerschaft übermittelt, bis zum Mai gab es vier umfangreiche Änderungen. "Per se nichts Schlechtes, wenn die Neuerungen Ergebnis der Beratungen mit dem Parlament gewesen wären. Dem war aber nicht so. Alle Änderungspakete waren auf dem Mist des Senats gewachsen, der praktisch im Vier-Wochen-Rhythmus seine eigenen Vorschläge über den Haufen geworfen hat," erklärt Jan Köhler, finanzpolitischer Sprecher der grünen Fraktion.
Auf eine mittelfristige Finanzplanung wurde weitgehend verzichtet. "Die große Koalition versucht mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen und erweist sich als handlungsunfähig. Millionenausgaben wie für den JadeWeserPort oder die Investitionen für die Krankenhäuser tauchen weder im Haushalt noch in der mittelfristigen Finanzplanung auf." Der Senat scheut sich, das ganze Ausmaß der Vorbelastungen für die Zukunft konkret zu benennen. Kein Wunder – gerade auf die so genannten weichen Politikbereiche kommen dramatische Einsparungen zu."
Art. 131a - Unabweisbare Gründe für die Geldausgabe? Fehlanzeige!
Der in Artikel 131a Landesverfassung vorgeschriebene Nachweis, dass bei Überschreitung des Kreditrahmens unabweisbare Gründe für die Geldausgabe vorliegen müssen, wird rein formal behandelt. Kommentar von Jan Köhler: "Mit der vorgeschriebenen Begründung wird in vielen Fällen lax umgegangen. Eine kritische Überprüfung konkreter Projekte, ihres Sinns und der zu erwartenden Effekte, wird vom Senat peinlichst vermieden. Es bleibt bei formelhaften Statements. So kommen wir nie von den zu hohen Investitionsausgaben herunter." Der grüne Finanzexperte nennt als Beispiel die "Begründung" für das AIP (Anschlussinvestitionsprogramm) – immerhin 245,7 Millionen Euro im Jahr 2006 und 241,9 Millionen für 2007. In der Vorlage für den Haushalts- und Finanzausschuss (vgl. Anhang) heißt es lapidar:
"Nach der bremischen Landesverfassung hat der Staat die Pflicht, die Wirtschaft zu fördern.......Die ...Höhe dieser vorrangig wachstumsorientierten Investitionen ist ... absolut notwendig und vertretbar."
Jan Köhlers Fazit. "Sprechblasen, mit denen sich alles und nichts begründen lässt. So geht das nicht. Wir müssen alle Projekte – auch bereits beschlossene – auf den Prüfstand stellen. Sind sie wirklich unverzichtbar und können sie nicht preiswerter realisiert werden? Die große Koalition ist nicht in der Lage, diese Fragen zu beantworten."
Richtungsänderung notwendig
Die Grünen haben mit Blick auf das vom Senat und den Fraktionen der großen Koalition angerichtete Finanzchaos darauf verzichtet, einen Stapel eigener Anträge zum Haushaltsentwurf einzubringen. "Die Senatsvorlage ist nicht beratungsfähig. In unserem Leitantrag (vgl. Anhang) haben wir exemplarisch aufgezeigt, wo Richtungsänderungen notwendig sind und was verzichtbar ist", erläutert Karoline Linnert. "Wir haben uns die Diskussion innerhalb der Fraktion nicht leicht gemacht. Auf vieles Wünschenswerte haben wir mit Blick auf das Machbare verzichtet und schlagen auch Einsparungen vor, die uns schwer gefallen sind. Wir wollen Verantwortung für die Zukunft übernehmen, sind bereit zu Veränderungen und scheuen keine unbequemen Wahrheiten."
Ein Pfund für die Bildung
Die PISA-Ergebnisse zwingen zum Handeln. Gut ausgebildete Menschen sind unsere Zukunft. Bremen muss die Kinder früher fördern und zwar schon im Kindergartenalter. Die Grünen fordern mehr qualifizierte Zweitkräfte für die Kindertagesheime und Sprachförderung ab dem 3. Lebensjahr. Pro Jahr sollen zwei Ganztagsschulen zusätzlich eingerichtet werden. Karoline Linnert betont: "Das klassische Schulmodell – vormittags Unterricht im 45-Minuten-Takt, nachmittags Hausaufgaben und Freizeit – wird den Anforderungen nicht mehr gerecht. Wir brauchen eine kindgerechte Lernkultur und moderne pädagogische Konzepte. Lernen funktioniert am besten über den ganzen Tag verteilt. Deshalb wollen wir 1,2 Millionen jährlich zusätzlich für neue Ganztagsschulen ausgeben."
Die ehrgeizigen Ausbaupläne für Universitäten und Hochschulen werden sich nicht im geplanten Ausmaß finanzieren lassen. Die von der großen Koalition beabsichtigte Kürzung um 100 Millionen Euro halten die Grünen aber für völlig planlos. "Das Handeln der großen Koalition hat dazu geführt, dass jetzt ganze Studiengänge zur Disposition stehen, nur weil dort Pensionierungen stattfinden. Das ist ein politischer Offenbarungseid", kritisiert die grüne Fraktionsvorsitzende. "Sinnvoll gespart werden kann durch Kooperationen über Landesgrenzen hinweg."
Demographischer Wandel
Unsere Gesellschaft wird älter. Darauf muss sich die Gesundheits- und Sozialpolitik ebenso einstellen wie der Bereich Stadtgestaltung. Die Grünen wollen Bremen und Bremerhaven attraktiver für Senioren machen. Karoline Linnert betont: "Wir wollen Modellprojekte im Sinne einer seniorengerechten Stadt mit Anschubinvestitionen fördern. Dazu gehören beispielsweise Projekte für eine wohnortnahe Infrastruktur und ambulante Pflegedienste. Die meisten älteren Menschen wollen möglichst lange in ihren Wohnungen leben. Viele Heimaufenthalte wären vermeidbar, wenn entsprechende Hilfsangebote vorhanden wären. Das spart nicht nur Geld, auch die Lebensqualität alter Menschen wird erheblich verbessert.
Sparpotenzial in Millionenhöhe
Einen ausgeglichenen Haushalt wird Bremen ohne Hilfe von Bund und Ländern nicht erreichen können. Das enthebt die Bremer Politik aber nicht von eigenen Sparanstrengungen. "Wir haben deshalb auch bisher selbstverständliche Leistungen hinterfragt", erläutert Jan Köhler. "Die Lernmittelfreiheit soll dazu beitragen, dass niemand aus finanziellen Gründen Nachteile in der Schule hat. Dabei soll es bleiben. Aber es ist nicht einzusehen, weshalb auch die Kinder wohlhabender Eltern Stifte, Hefte und Bücher vom Steuerzahler bezahlt bekommen."
Weitere grüne Sparvorschläge:
- Bremer Aufbau Bank schließen (- 110 Millionen Euro Stammkapital)
- Fusion von Bremer und Niedersächsischer Landwirtschaftskammer
- Kein Geld für den Abriss von Kleingarten-Häusern ( - 1,2 Millionen Euro in 2006/07)
- Keine Zuschüsse für die Rennbahn (- 400.000 Euro in 2007)
- Kein Ausbau der Schwachhauser Heerstraße/Concordia Tunnel (- 5,5 Mio Euro)
- Kein Ausbau der B 74 (- 650.000 Euro an Planungsmitteln)
- keine öffentliche Förderung von Hotelbauten
"Die engen Spielräume im Haushalt erlauben keine Prestigeprojekte, Doppelstrukturen oder Subventionswildwuchs", erklärt Karoline Linnert. "Wenn wir etwas bewegen und die Zukunft Bremens sichern wollen, müssen wir den Fokus auf die Bereiche Bildung und Wissenschaft richten. Viele unvermeidbare Einschnitte werden die Bürgerinnen und Bürger direkt treffen. Verständnis für die notwendige Sparpolitik wird es nur geben, wenn die Politik dabei Augenmaß und soziale Kompetenz beweist und die hier lebenden Menschen, ihre Sorgen und Nöte im Blick behält."