Zukunft des Ausländeramtes - Wege aus der Integrationsfalle
Zukunft des Ausländeramtes - Wege aus der Integrationsfalle
Die unzumutbaren Zustände im Ausländeramt sind seit Jahren bekannt. Endlose Wartezeiten, überfüllte Flure, nächtliches Anstehen, damit man dran kommt – das ist der Alltag. Weder zwei vom Senat in Auftrag gegebene Gutachten noch der Umzug in die Stresemannstraße haben zu der immer wieder versprochenen Verbesserung geführt. Im Gegenteil: Die Situation hat sich weiter verschärft. Angesichts drastisch gesunkener Asylbewerberzahlen in Bremen (von jährlich 5000 in den 90er Jahren auf derzeit circa 200) ist sich der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Güldner sicher: "Das Chaos ist politisch gewollt. Innensenator Röwekamp nutzt bewusst nicht die Möglichkeiten des seit 1.1.2005 geltenden Zuwanderungsgesetzes. Die vorhandenen Ermessenspielräume werden einseitig zum Nachteil der Antragssteller ausgelegt. Die so genannten Kettenduldungen schaffen ein bürokratisches Monster und haben für circa 3.500 Menschen fatale Folgen: Die Duldungsbescheinigungen müssen durchschnittlich alle drei Monate - teilweise wesentlich öfter - verlängert werden. Die Betroffenen sind über Jahre von Abschiebung bedroht, haben keine Arbeits- und Ausbildungschance, selbst wenn sie eine Lehrstelle angeboten bekommen."
Positives Integrationssignal setzen
Die grüne Fraktion hat den Ausländerrechtsexperten und Rechtsanwalt Albert Timmer mit einem Gutachten zu den Ursachen für die Überlastung der Bremer Ausländerbehörde beauftragt. Im Mittelpunkt stehen die politischen Vorgaben des Innensenators und deren Auswirkungen auf die Praxis der Behörde. Matthias Güldner, innenpolitischer Sprecher der grünen Fraktion, zum Ergebnis: "Bremen könnte ein positives Integrationssignal setzen. Es gibt Alternativen zur unseligen Praxis der Kettenduldungen. Die Grünen setzen sich dafür ein, dem rheinland-pfälzischen Beispiel zu folgen. Dort gibt es eine klare Anweisung des Innenministers, Ermessensspielräume beim Aufenthaltsstatus auszuschöpfen (Erlass des rheinlandpfälzischen Innenministeriums im Anhang). Eine vergleichbare Aufforderung an den Senat wurde bereits 1995 in der Bürgerschaft beschlossen aber nie umgesetzt, auch wenn Innensenator Röwekamp anderes behauptet. Wenn die Ermessensspielräume genutzt würden, bekämen zahlreiche Kindern und Jugendliche, die in Bremen geboren, aufgewachsen und integriert sind, durch ein Aufenthaltsrecht eine Perspektive. Die restriktive Haltung des Innensenators führt dazu, dass ihnen bei Volljährigkeit die Abschiebung droht, obwohl sie kaum Bindungen an das Heimatland ihrer Eltern haben. Damit muss endlich Schluss sein."
Behördenchaos – ineffektiv und teuer
Wenn die Bremer Praxis geändert wird, könnten sich die Mitarbeiter sinnvolleren Aufgaben widmen und die Behörde zu einem normalen Teil des Bürger Service Centers werden. Zurzeit sind ein Drittel der Beschäftigten für vier Prozent der hier lebenden Ausländer zuständig. Allein die ständig zu verlängernden Duldungsbescheinigungen führen zu rund 14.264 Terminen jährlich, im Schnitt 70 pro Tag. Das ist kein Sachzwang, sondern politisch gewollt.
Auch jenseits der Frage der Kettenduldungen verursacht das Chaos in der Ausländerbehörde unnötigen Stress und Kosten. Matthias Güldner betont: "Selbst einfachste Sachverhalte müssen vor den Verwaltungsgerichten geklärt werden. Die Zahl der Untätigkeitsklagen steigt ständig und kommt Bremen teuer zu stehen. Für Prozess- und Anwaltskosten musste Bremen 2005 rund 123.000 Euro bezahlen, Tendenz steigend. Die tatsächlichen Kosten fallen weit höher aus, die in Behörden anfallenden Personalkosten werden beispielsweise nicht berücksichtigt. Gerichte müssen die Lücken füllen, die Versäumnisse des Innensenators gerissen haben. Ein Trauerspiel, dass viele nur dann zu ihrem Recht kommen, wenn sie klagen."
Straftäter verspielen Integrationschance
Matthias Güldner nimmt auch klar zur Frage der ausländischen Straftäter Stellung. "Straftäter, die lediglich geduldet sind und die zu Haft- oder Geldstrafen oberhalb des gesetzlich festgelegten Rahmens verurteilt wurden, haben ihre Integrationschance verspielt." Für diese Gruppe gilt die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nicht. Bei schweren Straftaten, wie im Zusammenhang mit der Discomeile, kann von humanitären Gründen für eine Bleiberechtsregelung keine Rede sein. Hier geht der Schutz von Leib und Leben der einheimischen wie der ausländischen Bevölkerung vor."