Kinderarmut – Genaues Hinsehen zwingt zum Handeln
Kinderarmut – Genaues Hinsehen zwingt zum Handeln
Mit ihrem Projekt "Kinderarmut in Bremen" haben rund 200 Schülerinnen und Schüler plastisch und ungeschminkt den Alltag von Kindern und Jugendlichen geschildert, deren Eltern auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind: 80 Euro stehen einem 13jährigen Jungen im Monat für Nahrungsmittel zur Verfügung. Entscheidet er sich für das Mittagessen in der Schulmensa (1,53 Euro) bleiben noch 1,09 Euro täglich für Frühstück, Abendessen, Snacks, Getränke und Süßigkeiten. "Eine absurde Summe, wenn man weiß, welchen Appetit gerade Teenager entwickeln. Angesichts dieser Summe werden auch die Appelle an Eltern, auf die gesunde Ernährung ihrer Kinder zu achten, für viele Adressaten zur Farce," erklärt Dirk Schmidtmann, sozialpolitischer Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion. Die grüne Fraktion hat eine Broschüre finanziert, die über zentrale Ergebnisse des Schülerprojekts informiert. "Wir wollen, dass sich möglichst viele Menschen mit diesem Thema auseinandersetzen. Nicht in einer abstrakten Debatte, sondern auf der Grundlage der Alltagserfahrungen der Betroffenen," erklärt Dirk Schmidtmann. Die Grünen wollen das Thema Kinderarmut auf die politische Agenda setzen – in Bremen und auf Bundesebene. Zum nächsten Bund-Länder-Treffen grüner SozialpolitikerInnen wollen Dirk Schmidtmann und die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert die Broschüre mitnehmen. "Wir werden dafür plädieren, den Regelsatz für Jugendliche im Arbeitslosengeld II deutlich zu erhöhen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Jugendliche erwachsenen Familienmitgliedern gleichgestellt werden," erklärt Karoline Linnert. Die grüne Fraktionsvorsitzende will von dieser Position ihre KollegInnen auf Bundes- und Länderebene überzeugen. "Angesichts leerer Kassen auch beim Bund kein leichtes Unterfangen, aber die Broschüre wird die Bremer Argumentation unterstützten," betont Karoline Linnert. Das Thema sei ein gutes Beispiel für die notwendige Funktion von Stadtstaaten im Ländersystem: "In Stadtstaaten erfahren die Landespolitiker schnell und direkt, wie sich Beschlüsse der Bundesregierung auf Kommunen auswirken und können als Frühwarnsystem wirken. Bei der Hartz-Gesetzgebung muss nachgebessert werden, das ist Konsens. Bei der anstehenden Gesetzesnovelle werden wir uns dafür einsetzen, dass der Regelsatz für Jugendliche erhöht wird." Grüne fordern regelmäßigen Armutsbericht des Senats Auch in Bremen wollen die grünen SozialpolitikerInnen die Debatte über Kinderarmut neu anstoßen. "Seit Jahren fordern wir einen Armutsbericht für Bremen – bisher vergeblich. Die große Koalition verweigert ihn hartnäckig. Kein Wunder, schließlich ist es unangenehm, darüber zu sprechen, dass ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen im Land Bremen von Kinderarmut betroffen ist. Die Grünen werden weiter einen schonungslosen Bericht einfordern, der Auskunft über die erschreckende Lebenssituation vieler Menschen am Rande des Existenzminimums gibt," erläutert Karoline Linnert. "Ein solcher Bericht würde das Diskussionsniveau erhöhen und verhindern, dass sozialpolitische Debatten in die immer gleichen Rituale münden – allen voran die gerade von der CDU gern geführten Debatten über den Missbrauch von Sozialleistungen. Ein zahlenmäßig kleines Problem im Vergleich zur massenhaft auftretenden Kinderarmut." Klassenfahrten wichtiger denn je Eindringlich appellieren die grünen Politiker an die Lehrerinnen und Lehrer, Klassenfahrten durchzuführen. Dirk Schmidtmann betont: "Die Kosten für Klassenfahrten sind nicht im Regelsatz erhalten und werden extra erstattet. Für immer mehr Kinder bieten sie die einzige Chance, über den bremischen Tellerrand zu schauen. Reisen bildet bekanntlich - ermöglichen wir diese Chance auch Kindern aus ohnehin benachteiligten Familien."