Wann tritt Bremen auf die Lärmbremse?
Wann tritt Bremen auf die Lärmbremse?
Jeder sechste Deutsche fühlt sich durch vom Straßenverkehr verursachten Lärm stark belästigt. Lärm erzeugt Stress, macht unkonzentriert, aggressiv und letztlich krank. Er erhöht das Risiko von Herz- und Kreislauferkrankungen. Um die Gesundheitsrisiken zu senken, hat die EU eine Lärm-Richtlinie erlassen. Danach muss Bremen bis zum 30. Juni 2007 Lärmkarten erstellen und bis zum 18. Juli 2008 Aktionspläne erarbeiten, wie der Lärm verringert werden kann. Karin Mathes, umweltpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion, befürchtet eine ähnlich negative Entwicklung wie bei der Feinstaubbekämpfung: "Obwohl das Lärmproblem und die EU-Fristen seit langem bekannt sind, sitzt der Senat das Thema genau wie beim Feinstaub aus. Ein fahrlässiger Umgang mit der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger." Mit Blick auf den morgigen internationalen Tag gegen den Lärm fordert sie den Senat auf, endlich aktiv zu werden: "Der Senat muss endlich in die Puschen kommen und handeln! Ein Maßnahmekatalog gegen Luftverschmutzung und Lärmbelastung sollte gemeinsam erarbeitet werden."
Maßnahmekatalog für schnelle Abhilfe
Die anstehende Lärmanalyse und der folgende Aktionsplan sollten Bremen nicht hindern, sofort an neuralgischen Punkten aktiv zu werden. Handlungsbedarf besteht bei viel genutzten Straßen quer durch Wohngebiete. Karin Mathes nennt als Beispiel die Schwachhauser Heerstraße: "Dort habe ich vergangene Woche zehn Minuten lang den Verkehrslärm gemessen. Es ergaben sich Werte bis 84 Dezibel. Die Weltgesundheitsbehörde nennt 55 Dezibel als zumutbare Obergrenze in Wohngebieten (das Bundesimmissionsschutzgesetz sieht 59 (tags) und 49 (nachts) Dezibel in allgemeinen Wohngebieten vor). Bei der jetzt schon vorhandenen Lärmbelastung muss auf die Aufweitung der Schwachhauser Heerstraße verzichtet werden. Die notwendige Umgestaltung und Erneuerung sollte genutzt werden, um mit so genanntem Flüsterasphalt die Belastung erheblich zu reduzieren. Der Lärm schluckende Straßenbelag kann bis zu sechs Dezibel weniger bewirken.
Auch mit Geschwindigkeitsbegrenzungen kann der Lärmpegel verringert werden. Grüne wollen, dass auf Bremischen Autobahnen höchstens 100 Kilometer pro Stunde gefahren werden dürfen. Karin Mathes betont: "Das müsste natürlich durch Blitzer kontrolliert werden. In der Kurfürstenallee wurde die Lärmbelastung durch Geschwindigkeitskontrollen und darauf ausgerichtetes Fahrverhalten deutlich gesenkt. Wie notwendig Kontrollen auch aus Sicherheitsgründen sind, zeigen die aktuellen Ergebnisse der Geschwindigkeitskontrollen in Tempo 30 Zonen – nur eine kleine Minderheit hält sich an das Tempolimit."
Mit Tempo 30 statt Tempo 50 könnten die Werte um 1,5 bis 2,5 Dezibel sinken. Zusammengenommen mit Lärmminderung durch Flüsterasphalt ein großer Effekt, wenn man bedenkt, dass eine Abnahme von circa zehn Dezibel als Halbierung der Lautstärke wahrgenommen wird.
Das von der großen Koalition beschlossene Wohngebiet in Brokhuchting bezeichnet Karin Mathes als ein aktuelles Negativbeispiel: "Bis direkt an die Bahngleise sollen Wohnhäuser gebaut werden. Dabei verursachen vorbeifahrende Züge Spitzenlärmwerte von über 100 Dezibel auf der viel genutzten Strecke. Selbst circa hundert Meter entfernt ergibt sich ein Wert von 75 Dezibel. In Arsten Süd-West hat die damalige Ampelregierung aus Gründen der Gesundheitsvorsorge einen 400 Meter-Abstand zur Autobahn vorgeschrieben."
Liste Lärm senkender Maßnahmen:
- Tempo 100 auf Bremer Autobahnen
- Geschwindigkeitsüberwachung
- Rasentrassen für Straßenbahnen an geeigneten Strecken
- Flüsterasphalt
- Lkw-Nachtfahrverbote in Wohngebieten
- Freiwillige Vereinbarungen mit Firmen, um ihren (Zu-)Lieferverkehr über Straßen mit wenig Anliegern zu regeln
"Natürlich ist bei der Lärmminimierung jeder gefordert," betont Karin Mathes abschließend. "Alle können mithelfen, die Lärmbelastung zu senken. Möglichkeiten gibt es viele: Warum nicht häufiger das Auto stehen lassen und kurze Wege mit dem Rad erledigen, Busse und Bahnen nutzen, lärmarme Reifen kaufen, Auto fahren ohne quietschende Reifen und heulende Motoren... Wir leben in einer Großstadt, nicht auf dem Land – aber auch in Bremen kann der Lärmpegel gesenkt werden – packen wir es an."