Güldner richtet Fragenkatalog an Röwekamp - Innensenator muss aufklären
Güldner richtet Fragenkatalog an Röwekamp - Innensenator muss aufklären
Im Fall des nach einem zwangsweisen Brechmitteleinsatzes im Koma liegende Mannes hat heute der innenpolitische Sprecher und stellvertretende Vorsitzende der grünen Bürgerschaftsfraktion, Matthias Güldner, einen umfassenden Katalog von 20 Fragen an den politisch verantwortlichen Innensenator Röwekamp gerichtet. Er fordert den Senator auf, die aufgetretenen Diskrepanzen zwischen seinen öffentlichen Äußerungen und den Schilderungen des hinzugezogenen Notarztes schriftlich bis zur nächsten Sitzung der Innendeputation am 12. Januar aufzuklären.
Fragenkatalog an den Senator für Inneres zum Brechmitteleinsatz der Polizei Bremen am 27.12.2004 und seinen Konsequenzen
1. Wie ist der aktuelle Gesundheitszustand des durch Brechmitteleinsatz vom 27.12.04 im Polizeigewahrsam in der Vahr schwer geschädigten Mannes und welche medizinische Prognose über den weiteren Behandlungsverlauf liegt vor"
2. Seit wann wusste die Polizeiführung, bzw. der Senator für Inneres, von dem Vorfall"
3. Welche Konsequenzen wurden daraus gezogen, insbesondere im Hinblick auf eine zeitnahe Information der Staatsanwaltschaft"
4. Warum wurden die zuständigen politischen Gremien und die Öffentlichkeit nicht informiert"
5. Welche Berichte über die Ereignisse, insbesondere die Schilderung durch den behandelnden Notarzt, lagen dem Senator für Inneres wann vor und welche Konsequenzen hat er daraus gezogen"
6. Wer hatte bei der Polizei Bremen zwischen dem 27.12.2004 und dem 4.1.2005 die Verantwortung für den Umgang mit diesem Vorfall und die daraus zu ziehenden Konsequenzen"
7. Wurde die Innenrevision der Polizei Bremen eingeschaltet und wenn ja, wann und durch wen wurde dies veranlasst"
8. Wie kam es zu den öffentlichen Äußerungen des Senators und des Polizeisprechers am 4. Januar 2005, nach denen angeblich der Hirntod und Fall ins Koma auf eigenes Verschulden des Betroffenen zurückzuführen wären"
9. Aus welchen Quellen haben sich der Senator und die Verantwortlichen bei der Polizei Bremen vor diesen Äußerungen über den Vorfall kundig gemacht und sind sie Ihrer Sorgfaltspflicht zur Einholung umfassender Information bei allen Beteiligten (insbesondere Notarzt, Rettungssanitäter, behandelnde Ärzte im Krankenhaus, Staatsanwaltschaft) nachgekommen"
10. Wie beurteilt der Senator die in Berichten und Protokollen des behandelnden Notarztes geschilderten Vorgänge und Eingriffe insbesondere im Hinblick auf Aussagen des Senators über Selbstverschulden und Ungefährlichkeit der angewendeten Methode, aber auch im Hinblick auf das Verhalten der beteiligten Polizeibeamten und des Arztes des Beweissicherungsdienstes in der fraglichen Situation selbst"
11. Wie beurteilt der Senator die bisherige Arbeit des Beweissicherungsdienstes, vor allem im Zusammenhang mit der Exkorporation von BTM durch Brechmittel"
12. Auf welcher Informationsgrundlage beruhen öffentliche Äußerungen des Senators, dass es in Bremen bisher nie zu gesundheitlichen Komplikationen bei der Brechmittelvergabe zur Beweissicherung gekommen sei"
13. Sind dem Senator in diesem Zusammenhang öffentliche Darstellungen bei einem Fall von schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach Brechmittelvergabe in Bremen am 18.4.1996 bekannt, nach denen sich ein behandelnder Arzt an den damaligen Innensenator wandte (u.a. Weser-Kurier vom 6.9.1996) "
14. Sind dem Senator weitere Fälle von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach Brechmittelvergabe bekannt und warum wurde von den beteiligten Polizeibeamten zumindest zeitweise den Betroffenen Zettel mit dem Text "Bei starkem Erbrechen, starkem Durchfall bzw. Bluterbrechen bitte den Hausarzt aufsuchen" ausgehändigt"
15. Welche Konsequenzen hat der Senator für Inneres und die Polizei Bremen aus den tödlichen Folgen eines Brechmitteleinsatzes in Hamburg im Dezember 2001 gezogen"
16. Wie beurteilt der Senator für Inneres das Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) Frankfurt/M. vom 11.10.1996 (AZ 1 Ss 28/96), nach dem ein Beschuldigter nicht verpflichtet ist, bei einer Untersuchungshandlung aktiv mitzuwirken und dass die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln zur Sicherstellung von Beweismitteln als Eingriff in die grundgesetzlich geschützte körperliche Unversehrtheit und als Verstoß gegen die Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde für rechtlich unzulässig erklärt"
17. Wie beurteilt der Senator für Inneres von anderen Bundesländern angewandte Alternativmethoden zur Beweismittelsicherung, wie Abwarten der normalen Darmtätigkeit oder Vergabe konventioneller Abführmittel, als Ersatz für den Einsatz von Brechmitteln"
18. Inwiefern sieht der Senator für Inneres im Hinblick auf die unter 17. genannten Alternativen bei der Bremer Praxis der Brechmittelvergabe das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt"
19. Welche kurz- und mittelfristigen Konsequenzen zieht der Senator für Inneres aus den Vorgängen nach dem 27.12.2004 gegenüber den beteiligten Polizeibeamten und dem Arzt des Beweissicherungsdienstes, gegenüber dem im Koma liegenden Patienten und gegenüber der von ihm falsch informierten Öffentlichkeit"
20. Wird der Senator für Inneres den vorläufigen Stopp des Brechmitteleinsatzes bei erwiesener Ursächlichkeit für die schweren gesundheitlichen Schäden des Betroffenen in eine langfristige Abkehr von dieser Methode umwandeln"