Chaos durch unausgegorenes Schulstandortkonzept
Chaos durch unausgegorenes Schulstandortkonzept
"Willi Lemkes Schulstandortkonzept ist ein chaotischer Alleingang des Bildungsressorts. Sieht man sich die einzelnen Fälle und ihre Auswirkungen auf die Stadtteile an, wird deutlich, dass ein durchdachtes, pädagogisch verantwortbares Konzept fehlt. Absprachen mit den direkt und indirekt betroffenen Ressorts Sport, Soziales und Bau hat es nicht gegeben," lautet das Fazit der grünen Bürgerschaftsabgeordneten Anja Stahmann. Die grüne Fraktion hat detailliert die Schulstandortpläne des Bildungsressorts geprüft und zehn betroffenen Schulen besucht. Nach zahlreichen Gesprächen mit Lehrern, Eltern und Beiräten ist die bildungspolitische Sprecherin der grünen Fraktion sicher: "Mit den anvisierten Schulschließungen würden jede Menge neue Probleme geschaffen – angefangen bei der Finanzierung teurer Umzugskarussells über fehlende Trainingsmöglichkeiten in Turnhallen bis zu Raumproblemen in den verbleibenden Schulen."
Die Grünen werden das unausgegorene Konzept in der Sitzung der Bildungsdeputation am Freitag ablehnen. "Wir fordern eine gründliche Überarbeitung des Konzepts. Stadtteil für Stadtteil muss über Ressortgrenzen hinweg zusammen mit den Schulen und Beiräten eine vertretbare Lösung gefunden werden. Vor Ort haben die Betroffenen bereits einiges an Vorarbeit geleistet und gezeigt, dass sie nicht stur darauf beharren alles so zu erhalten, wie es ist. Die Schulen haben Kontakt mit Kindergärten und Horten aufgenommen und streben eine engere räumliche und inhaltliche Zusammenarbeit an. So kann man konstruktiv mit sinkenden Schülerzahlen umgehen. Natürlich muss Bremen auf den demographischen Wandel reagieren.
Es kann aber nicht sein, dass allein die Vermarktungschancen von Schulgeländen darüber entscheiden, welche Schulen Zukunft haben und welche nicht. Sozialpolitische Aspekte und pädagogische Konzepte müssen berücksichtigt werden! Die Grünen setzen deshalb weiter auf das Modell ´eine Schule für alle` – von Klasse 1 bis 9."
So nicht, Herr Lemke!
An zwei Beispielen verdeutlicht Anja Stahmann, warum das Lemke-Konzept überarbeitet werden muss.
Beispiel Fährer Flur
Zuerst sollte die Vegesacker Grundschule komplett schließen. Jetzt soll es zwei Jahre einzügig weiter gehen. "Das ist ein Tod auf Raten. Willi Lemke scheut im Kampf um das Bürgermeisteramt negative Schlagzeilen und will sich nur über die Zeit retten. Eine reelle Chance bekommt die Schule so nicht," erklärt Anja Stahmann. Sie setzt sich für ein vierjähriges Moratorium ein, bevor eine Entscheidung getroffen wird: "Es gibt keine drastisch sinkenden Anmeldungszahlen für diese Schule. Wir brauchen die vier Jahre, um die Entwicklung der Schülerzahlen in Vegesack beurteilen zu können. Außerdem wird gerade ein Konzept vor Ort von der Schulleitung entwickelt, wie perspektivisch Kindergarten, Schule und Hort unter einem Dach zusammengefasst werden. Dadurch würde eine enge Kooperation der Einrichtungen vorangetrieben und ein fließender Übergang von Kindergarten in Schule ermöglicht."
Der Fall der Schule Fährer Flur steht exemplarisch für die fehlende ressortübergreifende Zusammenarbeit. "Wenn der Hort in der Schule untergebracht werden kann, muss nicht länger ein Haus dafür angemietet werden. Das interessiert aber den Bildungssenator nicht, weil die Miete aus dem Sozial- und nicht aus dem Bildungsetat bezahlt werden muss. Auch im Sportbereich gibt es keine Absprachen. Bildung will Schule samt Turnhalle und Sportplatz verkaufen. Über 600 Bremen-Norder nutzen jede Woche die Turnhalle – wo sie künftig trainieren sollen weiß keiner. Hier droht dasselbe Chaos wie in der Neustadt. Der ATS Buntentor hat dort bereits eine Todesanzeige veröffentlicht, weil nach dem Aus für die Schule Kornstraße die Sportler ihren Verein in der Existenz bedroht sehen. Das engstirnige Ressortdenken führt dazu, dass Einzelentscheidungen vielleicht ein Problem lösen, aber gleichzeitig mehrere neue schaffen."
Beispiel Otto-Braun-Straße
Das dortige Schulzentrum wird aufgegeben. Dagegen ist nichts einzuwenden. Die Gebäude sind marode. Seit 40 Jahren wurde fast nichts investiert und die Schülerzahlen sinken drastisch. Absurd wird es aber, wenn jetzt das Förderzentrum Bardowickstraße dorthin umziehen soll. Das würde erhebliche Sanierungskosten nach sich ziehen. In der Bardowickstraße stehen zu allem Überfluss keine nennenswerten Renovierungsarbeiten an. Damit nicht genug, sollen dort in die dann leeren Räume die Schüler des Förderzentrums Fritz-Gansberg-Straße einziehen. Dies teure Umzugskarussell ist absurdes Theater. Nur weil das Schwachhauser Gelände an der Fritz-Gansberg-Straße gut vermarktbar ist werden an anderer Stelle Kosten verursacht, die schnell die erhofften Einnahmen übersteigen können."
Es gibt auch Konsens
Es geht der grünen Fraktion bei der kritischen Durchleuchtung des Standortkonzepts nicht um Fundamentalopposition. "Wo Umzüge und Standortaufgaben Sinn machen, stimmen wir auch zu," erklärt Anja Stahmann. Die Grünen unterstützen deshalb eine Reihe von Punkten in der Vorlage des Bildungsressorts. Hier besteht Konsens:
- Verlagerung der Gehörlosen- und Schwerhörigenschule Marcusallee
- Umzug der Landesbildstelle, bisher Uhlandstraße
- Umzug des Schulpsychologischen Dienstes, bisher Straßburger Straße
- Aufgabe der Dependance Fresenbergstraße, Zusammenlegung mit dem Schulzentrum Lehmhorster Straße
- Umzug der Kinderschule in die Hohwisch-Schule
- Umzug Landeszentrale für politische Bildung, bisher Osterdeich