Mehr Einfluss für die Beiräte
Mehr Einfluss für die Beiräte
Nach der letzten Bürgerschaftswahl waren sich alle Fraktionen einig - die Beiräte sollen gestärkt werden. Davon haben die 330 direkt gewählten Frauen und Männer noch nichts gemerkt - im Gegenteil: In fast allen Ortsämtern sank die Zahl der Mitarbeiter. Selbst einstimmige Beiratsbeschlüsse haben in vielen Fällen die Durchschlagskraft eines Wattebäuschchens. "Wenn Senat und Verwaltung weiter so mit den Beiräten umspringen, werden alle Parteien Schwierigkeiten bekommen, für die nächste Wahl im Jahr 2003 genug Kandidaten zu finden. Zur vielbeschworenen bürgernahen Politik gehört auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Beiräten," fordert der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Güldner. Die grüne Bürgerschaftsfraktion hat in Abstimmung mit den grünen Beiräten Eckpunkte für eine Beirätereform formuliert, die den Einfluss der Stadtteilpolitiker stärken sollen (vgl. Anhang 1). "Wir wollen nicht länger auf den angekündigten großen Wurf aus dem Schulte-Ressort warten. Deshalb sollen bis April Nägel mit Köpfen gemacht werden." Mit drei zentralen Forderungen wollen die Grünen die Arbeit in den Beiräten auf eine solide Grundlage stellen und aufwerten:
1. Personelle Mindestausstattung der Ortsämter
2. Eigenständiges Beirätebudget
3. Neuer Parlamentsausschuss für Beiräteangelegenheiten. Er wird eingeschaltet, wenn Beirat und Senat/Verwaltung sich nicht einigen.
1. Ortsämter stärken
Die Zahl der Mitarbeiter in den 17 Ortsämtern hat sich in den letzten Jahren ständig verringert. Besonders dramatisch ist die Situation im Ortsamt Neustadt/Woltmershausen. 1998 arbeiteten dort acht Männer und Frauen (vier volle Stellen und 4 Haltbtagsjobs). Seit Mitte letzten Jahres sind der Ortsamtsleiter und seine Stellvertreterin allein auf weiter Flur. Die Grünen wollen angesichts dieser absurden Entwicklung die personelle Mindestausstattung aller großen Ortsämter (die mit hauptamtlichen Leiter, insgesamt 12) verbindlich festlegen:
Ein Ortsamtsleiter
Ein Stellvertreter
Je Beirat ein Sachbearbeiter
Pro 10.000 Einwohner zehn Wochenstunden für eine Bürokraft
"Nach diesem Schlüssel müssten im Ortsamt Neustadt/Woltmershausen sofort zwei Sachbearbeiter (je einer für Woltmershausen und die Neustadt) sowie zwei bis drei Büroteilzeitkräfte eingestellt werden," erläutert die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Karin Mathes.
2. Ohne Moos nix los
2,2 Millionen Mark sogenannter Globalmittel standen den 22 Beiräten im vergangenem Jahr zur Verfügung. Im Papier der SPD-CDU-Arbeitsgruppe ist ein Gesamtbudget für alle Ausgaben in Höhe von 6,5 Millionen Mark vorgesehen. Kommentar von Karin Mathes: "Auf den ersten Blick eine scheinbare Verbesserung, bei näherem Hinsehen ein Sparpaket. Aus diesem Budget müssen beispielsweise alle Gehälter, Mieten, Telefonkosten und Öffentlichkeitsarbeit bezahlt werden. Unterm Strich hätten die Beiräte bei diesem Modell weniger Geld als vorher." Die Grünen halten ein solches Budget für sinnvoll. Um die Debatte über die richtige Höhe auf eine sachliche Grundlage stellen zu können, haben sie eine Kleine Anfrage zu den Kosten der Ortsämter im Jahr 1999 eingereicht (vgl. Anhang 2).
3. Parlamentsausschuss für Beiräteangelegenheiten
Häufig wird der Beirat nur pro forma eingeschaltet. Mit einem Federstrich kann sich heute der zuständige Behördenmitarbeiter über die Bedenken des Beirats hinwegsetzen. Der Fall wird zu den Akten gelegt. CDU und SPD wollen jetzt per Richtlinie festlegen, dass bei stadtteilbezogenen Fragen "Einvernehmen mit den Beiräten anzustreben ist". Das geht den Grünen nicht weit genug. "Die Richtlinie hat reinen Alibicharakter, wenn sich sonst nichts ändert." Deshalb soll die Stadtbürgerschaft einen Beiräteausschuss einrichten, der analog zum Petitionsausschuss funktioniert. Bürger, die sich von einer Behörde falsch behandelt fühlen, können den Petitionsausschuss und damit das Parlament einschalten. Diesen Weg wollen wir auch Beiräten ermöglichen. Der Ausschuss kommt zum Zuge, wenn sich Beirat und Verwaltung nicht einigen und der Senat nicht die Position des Beirats übernimmt. Solange der Ausschuss nicht entschieden hat, dürfen keine Fakten geschaffen werden. Karin Mathes betont: "Natürlich ist das keine Garantie dafür, dass die Beiratsmeinung am Ende mehrheitsfähig ist. Das Verfahren wird aber demokratischer und transparenter. Der Druck auf die Behörden, sich um eine gütliche Einigung zu bemühen, wächst."
In der Anlage:
Anhang 1: Grüner Dringlichkeitsantrag "Beiräte als Herzstück lokaler Demokratie stärken"
Anhang 2: Kleine Anfrage der Grünen zu "Kosten der Tätigkeit der Ortsämter im Dienste der kommunalen Demokratie"