Bombardierungen für humanitäre Hilfe aussetzen
Bombardierungen für humanitäre Hilfe aussetzen
Die Bürgerschaftsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat auf ihrer gestrigen Fraktionssitzung intensiv über die Bombardierungen Afghanistans und die humanitäre Situation diskutiert.
Die grüne Fraktion hatte sich in der Vergangenheit mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass für die Zerstörung der terroristischen Infrastruktur in Afghanistan verhältnismäßige militärische Mittel als Teil einer Gesamtstrategie eingesetzt werden können. Dazu gehören der Aufbau eines Rechtsstaates, die Sicherstellung der Ernährungsgrundlage und ein Bildungswesen für Mädchen und Jungen ebenso wie das Bestreben nach einer gerechteren Weltordnung, fairem Handel, der Aufbau einer internationalen Gerichtsbarkeit und die Stärkung der Vereinten Nationen.
Auch wenn es vor dem Hintergrund der vorliegenden Informationen schwer ist, die Lage zu beurteilen, ist das Leid der Menschen in Afghanistan, das teilweise auch Folge der Bombardierungen ist, unübersehbar. "Die Grünen sind Teil einer Weltöffentlichkeit, die darauf bestehen muss, dass die militärische Strategie und die verwendeten Mittel nicht den Aufbau einer zivilen Gesellschaft in Afghanistan behindern und die moralische Berechtigung der Ziele nicht Schaden erleidet", sagte die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert.
Im Wortlaut der Beschluss der Bürgerschaftsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 15. Oktober 2001:
"Bombardierungen für humanitäre Hilfe aussetzen
Nach 7-tägigen Luftangriffen auf strategisch wichtige Einrichtungen der Taliban kommt es zu keiner nennenswerten Flugabwehr mehr. Weitere massive Bombardierungen mit der davon ausgehenden Gefährdung der Zivilbevölkerung scheinen uns zu diesem Zeitpunkt kein verhältnismäßiges Mittel zu sein. Den von den USA vorgenommenen Einsatz von Streubomben halten die Grünen nicht für ein geeignetes Mittel, da von ihnen eine hohe Gefahr für die Zivilbevölkerung ausgeht.
An den Zielen der Angriffe, die terroristische Infrastruktur zu zerschlagen, wird festgehalten, aber nach Informationen von Flüchtlingsorganisationen und von Claudia Roth nach ihrem Besuch in Pakistan ist die Lage der Bevölkerung in Afghanistan bedrückend. Jedes weitere Vorgehen muss sich an der Leitlinie der größtmöglichen Schonung der Zivilbevölkerung orientieren. Für die Zukunft einer zivilen Gesellschaft in Afghanistan ist es unverzichtbar, auch jetzt den Wert jedes einzelnen Menschenlebens zum Maßstab des Handelns zu machen. Wenn der UNHCR jetzt Zugang zu den hungernden und medizinisch unversorgten Menschen verlangt, müssen sich die militärischen Ziele dem unterordnen und die Bombardierungen zumindestens vorübergehend bis zum Vorliegen weiterer Beschlüsse der Vereinten Nationen ausgesetzt werden.
Die grüne Bürgerschaftsfraktion bittet den Bundesvorstand, dem entsprechend auf die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland einzuwirken."