Unsinnige sale and lease back-Debatte. Nebelkerze für abgespecktes Schulsanierungsprogramm?
Unsinnige sale and lease back-Debatte. Nebelkerze für abgespecktes Schulsanierungsprogramm?
Schulverkäufe nach dem sale and lease back-Verfahren funktionieren nach dem Motto´lebe jetzt - zahle später` und sind deshalb eine unzumutbare Belastung für nachfolgende Generationen. Dieser Meinung ist offenbar auch das Bundesverfassungsgericht, das per einstweiliger Verfügung 1998 ein groß angelegtes sale-und lease back-Programm der Schleswig Holsteiner Landesregierung stoppte. Die Grünen fordern den Bildungssenator auf, die Idee der Schulverkäufe ad acta zu legen und die mehrfach zugesagte Sanierung der Schulen aus Mitteln des Stadtreparaturfonds zügig durchzuführen. "Wenn die versprochenen 120 Millionen Mark zur Schulrenovierung tatsächlich in den nächsten vier Jahren investiert würden, könnten die meisten Probleme gelöst werden. Auf keinen Fall dürfen erneut Stadtreparaturmittel zum Stopfen von Haushaltslöchern zweckentfremdet werden", erklärt der grüne Fraktionssprecher Helmut Zachau auf der heutigen Pressekonferenz zum Thema Schulverkäufe. Seine Forderung bezieht sich auf konkrete Beschlüsse von Senat und Bildungsdeputation, weniger Geld für Reparaturen auszugeben. "Die unsinnige Schulverkaufsdebatte könnte ein missglückter Versuch sein, diese Sauerei zu vernebeln."
Auch die grüne Fraktionssprecherin Karoline Linnert bezweifelt, dass es beim sale and lease back-Modell nur Gewinner geben kann. "Das ist reines Wunschdenken. Private Investoren, die Schulen kaufen und sanieren, machen das nicht aus reiner Nächstenliebe. Selbstverständlich soll sich das Engagement für sie finanziell lohnen, mittelfristig zahlt der Steuerzahler deshalb drauf."
Rechtliche Probleme
In Schleswig Holstein und Duisburg sind groß angelegte sale and lease back-Modelle bereits gescheitert. Im September 1998 stoppte das Bundesverfassungsgericht (BVG) per einstweiliger Verfügung die Schleswig-Holsteiner Landesregierung: Der geplante Verkauf von 216 staatlichen Gebäuden und ihre anschließende Nutzung auf Mietbasis scheiterte am Einspruch der Karlsruher Richter (vgl. Anlage 1, BVG-Beschluss) - die endgültige Entscheidung steht noch aus. Kommentar von Helmut Zachau: "Die Richter haben die Notbremse gezogen, weil beim sale and lease back-Verfahren eine unzulässige Belastung künftiger Haushalte nahe liegt. Der geplante Verkauf von Ministerien, Finanzämtern, Polizeirevieren und Gerichtsgebäuden ist kein Ruhmesblatt der rot-grünen Landesregierung. Ich teile die Kritik der dortigen CDU-Oppositonsfraktion, die vor das BVG gezogen ist. Das sale and lease back-Verfahren verschafft den Haushältern kurzfristig Luft - aber der Preis ist zu hoch. Langfristig verliert der Staat Werte, ohne neue zu schaffen."
Das NRW-Innenministerium stoppte die Stadt Duisburg schon 1996 bei ihrem Versuch, Schulen zu verkaufen und anschließend als Mieter weiter zu nutzen: Die dortige Gemeindeordnung verbietet den Verkauf von Immobilien, die für kommunale Aufgaben weiter benötigt werden. Das entspricht § 63 der Bremischen Landeshaushaltsordnung, wonach Vermögen nur veräußert werden darf, wenn es zur Erfüllung der Aufgaben der Freien Hansestadt Bremen in absehbarer Zeit nicht mehr benötigt wird. "Kein Wunder, dass der Präsident des Landesrechnungshofes Probleme mit Willi Lemkes Plänen hat. Angesichts der Erfahrungen in NRW und Schleswig Holstein sollte Bremen entsprechende Pläne schleunigst beerdigen." Helmut Zachau verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die sale and lease back-Methode im Widerspruch zur Sanierungspolitik der Großen Koalition steht: "Der Senat pocht immer wieder darauf, dass die konsumtiven Kosten gedeckelt werden müssen. Wenn der Staat für seine Schulen künftig Miete zahlt, werden die konsumtiven Ausgaben nach oben schießen."
Die Gewoba als uneigennütziger Samariter"
Als möglicher Investor in Sachen Schulen ist die Gewoba im Gespräch. Zu spät nach Ansicht der grünen Fraktionsprecherin Karoline Linnert. "Vor dem Verkauf von 50 Prozent der Wohnungsbaugesellschaft haben die Grünen überlegt, Gewoba oder Bremische mit dem Gebäudemanagement zu beauftragen, um Kosten zu sparen. Nach der Teilprivatisierung machen solche Überlegungen keinen Sinn mehr. Die Aktionäre werden sehr genau darauf achten, dass ihr Unternehmen nicht seine Gewinne schmälert und als uneigennütziger Samariter für den Staat in die Bresche springt."
Generell haben die Grünen nichts dagegen, private Investoren an öffentlichen Bauaufgaben zu beteiligen. Karoline Linnert betont: "Seit Jahren machen wir uns für Contracting-Modelle bei der Energieversorgung stark (vgl. Anhang 2, BBÜ-Antrag zum Thema Contracting von 1996). Ein Modell, das bis heute in Bremen viel zu wenig genutzt und beispielsweise erfolgreich in Berlin praktiziert wird. Der Vorteil im Vergleich zum sale and lease back-Verfahren ist offensichtlich - nach Ablauf des Vertrags ist der Staat alleiniger Besitzer der Schule/der Heizungsanlage und steht nicht mit leeren Händen da."
Stadtreparaturfonds nicht zweckentfremden
Im Interesse von Schülern und Lehrer müssen die teilweise unzumutbaren Zustände an Bremens Schulen so schnell wie möglich beseitigt werden. Die Große Koalition hat versprochen, in den nächsten vier Jahren 120 Millionen Mark aus dem Stadtreparaturfonds für die überfälligen Renovierungsmaßnahmen bereitszustellen. Kommentar von Helmut Zachau: "Das Geld würde reichen, um die meisten Probleme zu lösen." Leider ist die Haltwertszeit für diese Zusage schon wieder abgelaufen. Wieder einmal sollen Stadtreparaturmittel zweckentfremdet werden. Von den 60 Millionen Mark für die Jahre 2000 und 2001 sollen nur rund 23 Millionen Mark für Sanierungsmaßnahmen ausgegeben werden (vgl. Anhang 3, Tabelle zum Stadtreparaturfonds). Mehr als die Hälfte des Geldes soll unter anderem für Computer, Schulbücher und Neubauten abgezweigt werden. "So werden Leute für dumm verkauft! Nicht einmal die Hälfte der zugesagten Summe wird für dringend notwendige Reparaturen ausgegeben. Statt alle möglichen Haushaltslöcher aus dem Stadtreparaturfonds zu stopfen, sollte Willi Lemke für die sachgerechte Verwendung des Geldes sorgen", fordert Helmut Zachau. Der bildungspolitische Sprecher der grünen Fraktion befürchtet, dass sich am Ende dieser Legislaturperiode am Sanierungsstau der Schulen kaum etwas geändert haben wird. "Durch die ständig schrumpfenden Mittel für sogenannte Grundinvestitionen im Bildungshaushalt sind neue Probleme vorprogrammiert. 1995 waren dafür noch 23 Millionen Mark vorgesehen, 1999 war die Summe auf 7,4 Millionen Mark zusammengeschrumpft. Offenbar hat der Senat aus alten Fehlern nichts gelernt."