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In Zeiten von Schwammstadt und Klimaanpassung: So viel Baumschutz wie möglich

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Bäume sind für das Klima von herausragender Bedeutung. Sie müssen deshalb besonders geschützt werden. Dafür sorgt in Bremen die Baumschutzverordnung, die vor allem ältere Bäume absichert. Vor dem Hintergrund einer notwenigen Anpassung der Stadt an den Klimawandel reichen die alten Schutzbestimmungen aber nicht mehr aus. Die Baumschutzverordnung muss daher erneuert werden. Eine Novellierung der in die Jahre gekommenen Baumschutzverordnung ist in Bremen aktuell in der Diskussion. Dagegen gibt es Widerstand, obwohl die noch gültige Baumschutzverordnung im bundesweiten Vergleich heute zu den wenig ambitionierten Baumschutzverordnungen gehört. Im Koalitionsvertrag für die 21. Wahlperiode hat sich die Koalition dazu bekannt, eine neue Baumschutzsatzung zu schaffen, „die sich an fortschrittlichen Regelungen anderer deutscher Großstädte orientiert und den Schutz der Bäume - ab einem Umfang von 80 cm und insbesondere bei Tiefbauarbeiten - stärkt.“ 

Vor dem Hintergrund einer notwenigen Anpassung der Städte an den Klimawandel hat sich die Koalition klar dafür ausgesprochen, das Schwammstadt-Prinzip zu einem der Leitbilder der künftigen Stadtplanung zu machen. Ziel des Prinzips ist es, Regenwasser in der Stadt zurückzuhalten, versickern und verdunsten zu lassen. Dafür sind mehr Grün, Retentionsräume und Versickerungsflächen zu schaffen. Ein umfangreicher Antrag zum Thema Schwammstadt in der Stadtbürgerschaft aus dem Jahre 2024 unterstützt dieses Anliegen.

Bäume sind ein wesentlicher Baustein der Schwammstadt. Insbesondere für das Stadtklima sind sie von großer Bedeutung. Im Projekt BREsilient wurden Kosten und Nutzen von Straßenbäumen untersucht: https://bresilient.de/wp-content/uploads/2020/07/BREsilient_FactSheet_Strassenbaeume.pdf. Daraus ergibt sich folgendes Fazit: Die Pflanzung zusätzlicher Straßenbäume ist für Bremen ökonomisch überaus vorteilhaft, wobei ein ambitioniertes Umsetzungsszenario den höchsten gesamtwirtschaftlichen Nettonutzen erreicht.

Positive Wirkung von Bäumen in der Stadt:

  • bessere Kohlenstoffdioxid-Bindung
  • Mehr Sauerstoffproduktion
  • Staub- und Schadstofffilterung
  • Erhöhung der Luftfeuchtigkeit
  • Schattenwirkung
  • Lebensraum für Insekten und Vögel
  • Absenkung der Temperatur bei Hitzeereignissen
  • Stadtbildaufwertung
  • Gesundes Lebensumfeld
  • Stärkung des monetären Inventars der Städte Bremen und Bremerhaven: Bäume ist ökonomisch vorteilhaft.

Jeder gefällte Baum bedeutet dagegen:

  • mehr Kohlenstoffdioxid in der Luft und weniger Bindung
  • weniger Staubfilterung von Luftschadstoffen
  • trockene Stadtluft, da weniger Wasser verdunstet wird
  • weniger Sauerstoffproduktion
  • weniger Schatten und damit weniger Kühlung bei Hitzeereignissen
  • weniger Schutz bei Starkregenereignissen
  • weniger Schutz für Insekten und Vögel
  • kahles Stadtbild und Wohnumfeld
  • steigende Gesundheitskosten

Um einen 100-jährigen Baum vollwertig zu ersetzen, müsste man je nach Art des Baumes 400 bis 2000 junge Bäume pflanzen! Aus diesem Grunde ist der Altbaumschutz prioritär. Gerade bei Baumaßnahmen sind Altbäume latent gefährdet. Auch die beste Baumschutzverordnung verhindert zum Beispiel bei Bauvorhaben nicht das Fällen von Bäumen. Sie regelt aber, ab wann Ersatzpflanzungen vorzunehmen sind und wie viele Bäume als Ersatz zu pflanzen sind.

Wie oben gefordert, soll sich unsere Baumschutzsatzung an den fortschrittlichen Baumschutzsatzungen anderer Großstädte orientieren. Besonders wichtig ist dabei der Stammumfang geschützter Bäume, definiert er doch, ab wann Bäume geschützt und wann gegebenenfalls Ersatzbäume gepflanzt werden müssen. Dies ist ein wichtiges Instrument für den Baumreichtum von Städten. In Bremen ist zunächst ein Schutz von Laub- und Nadelbäumen ab 80 cm vorgesehen. Geschützt werden sollen zudem Alleen und Baumgruppen. Das ist inzwischen Bestandteil aller fortschrittlichen Baumschutzsatzungen. Wir fordern in einem zweiten Schritt möglichst schnell den Schutz ab 60 cm für Laub- und Nadelbäume festzulegen. 

Eine Auswertung der Baumschutzsatzungen der 40 größten deutschen Städte ergibt folgende Tendenzen: Durchweg wird der Baumschutz gestärkt. Es gibt allerdings zwei markante Ausreißer. Die Stadt Duisburg hat 2016 die eigentlich gute Baumschutzsatzung (fast alle Bäume ab 80 cm Stammumfang in 1 Meter Höhe geschützt) komplett ausgesetzt mit einem dramatischen Verlust von Baumsubstanz in den folgenden Jahren. Berlin hat seine ursprünglich fortschrittliche Baumschutzsatzung Anfang 2024 abgeschwächt. Laubbäume sind statt mit 60 cm ab 80 cm geschützt. Nadelbäume sind gar nicht geschützt. Insgesamt lässt sich ein Ost-West-Gefälle feststellen. Der Baumschutz wird bei zumeist neueren Baumschutzsatzungen in Ostdeutschland strenger ausgelegt. Folgende Aufteilung lässt sich ermitteln:

1. Gruppenaufteilung der Städte nach Baumschutzverordnungen:

1.1 Städte, die Laub- und Nadelbäume ab einem bestimmten Stammumfang schützen:

  • Ab 60 cm Stammumfang:
    • 8 Städte (Ost-West-Gefälle, strengere Regeln im Osten): Dresden, Mannheim, Chemnitz, Halle, Erfurt, Rostock, München, Leipzig
  • Ab 80 cm Stammumfang:
    • 12 Städte (zumeist im Westen): Hamburg, Stuttgart, Düsseldorf, Dortmund, Nürnberg, Karlsruhe, Augsburg, Gelsenkirchen, Freiburg, Krefeld, Mainz, Lübeck
  • Ab 100 cm oder mehr:
    • 3 Städte: Münster (Laub und Nadel 100 cm), Bonn (Laub 100 cm, Nadel 150 cm), Bremen (Laub 120 cm, Nadel 300 cm)
  • Differenzierte Regelungen nach Baumart (Laub- vs. Nadelbäume):
    • 8 Städte: Hannover (Laub 60 cm / Nadel 80 cm), Frankfurt (Laub 60 cm / Nadel 90 cm), Bielefeld (Laub 60 cm / Nadel 90 cm), Wiesbaden (Laub 80 cm / Nadel 100 cm), Aachen (Laub 80 cm / Nadel 100 cm), Kiel (Laub 80 cm / Nadel 100 cm), Kassel (Laub 80 cm / Nadel 100 cm), Köln (Laub 80 cm / Nadel 130 cm)

1.2 Städte, die nur Laubbäume schützen:

  • 7 Städte: Magdeburg (50 cm), Essen (80 cm), Mönchengladbach (80 cm), Berlin (80 cm), Bochum (80 cm), Oberhausen (80 cm), Wuppertal (100 cm)

1.3 Städte ohne Baumschutzsatzung:

  • 2 Städte: Duisburg und Braunschweig