Arbeit | Gesundheit

Covid-19-Infektionen effektiver reduzieren

Mobiles Arbeiten by borchee (iStock)

Mobiles Arbeiten by borchee (iStock)

Notwendige Maßnahmen zum besseren Schutz von Arbeitnehmer*innen und vulnerablen Gruppen

Obwohl seit vielen Wochen mit verschiedenen Lock- und/oder Shutdown-Varianten versucht wird die Covid19-Infektionszahlen zu reduzieren, steigen sie weiter an oder stagnieren auf sehr hohem Niveau. Die Todeszahlen bleiben trotz aller Anstrengungen dramatisch hoch. Vom Erreichen einer unter der 50er-Grenze liegenden Inzidenz, die für die Kontrolle und Bewältigung des Infektionsgeschehens notwendig ist, sind wir bundesweit und auch im Land Bremen weit entfernt. Zusätzlich geht von den neuen Mutationen des Virus eine erhöhte Gefahr aus, der unverzüglich begegnet werden muss, um nicht in eine dritte noch gefährlichere Welle zu gelangen.

Anders als im Frühjahr 2020, als mit weitgehenden Beschränkungsmaßnahmen auf das Infektionsgeschehen reagiert wurde, reagieren Bund und Länder seit dem Herbst 2020 ausschließlich mit Teilmaßnahmen, die vor allem das Freizeitverhalten der Menschen beeinflussen und gravierende wirtschaftliche Folgen ausschließen sollen. Für große Bereiche der Wirtschaft gibt es daher kaum verpflichtende Regeln, die ein Infektionsgeschehen eindämmen könnten. Angesichts der aktuellen Beschränkungsmaßnahmen und gleichzeitigem Anstieg des Infektionsgeschehens ist also anzunehmen, dass ein nicht unerhebliches Ansteckungsrisiko am Arbeitsplatz besteht.

Arbeitnehmer*innen schützen

Wir gehen daher davon aus, dass die wirtschaftlichen Abläufe und die Arbeitsplatzsituation bei der Bekämpfung der Pandemie stärker Berücksichtigung finden müssen. Denn Millionen Beschäftigte sind täglich von Infektionen bedroht, weil die Schutzmaßnahmen in den Betrieben oft nicht ausreichen, ohne Rücksicht auf die Beschäftigten Präsenzpflicht eingefordert wird oder Risiken durch die Anfahrt in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mitgedacht werden. Bisher haben Bund und Länder, auch Bremen, die Arbeitgeber nur "dringend gebeten", großzügige Möglichkeiten für mobiles Arbeiten zu schaffen.

Die Betriebe stehen jetzt genau wie alle anderen Institutionen in der Pflicht, für einen möglichst wirksamen Infektionsschutz zu sorgen und ihrer Fürsorgepflicht als Arbeitgeber*in nachzukommen. Dazu gehört in der jetzigen Phase der Pandemie die Anordnung des Mobilen Arbeitens von zu Hause so oft und so lange es möglich ist, entzerrte Schichten, Stundenreduzierung und verstärkte Kontrollen der Arbeitsbedingungen in den Betrieben.

Wir fordern daher, dass der Senat

  1. sich bei der nächsten MPK für verbindliche Regelungen für mobiles Arbeiten in allen Unternehmen einsetzt;

  2. sich umgehend auch beim Bundesministerium für Arbeit dafür einsetzt, unverzüglich Art. 18 Abs.3 des Arbeitsschutzgesetzes umzusetzen und eine befristete Rechtsverordnung zu erlassen, die die Arbeitgeber*innen verpflichtet, ihre Beschäftigten ins Homeoffice zu schicken, wenn dies die Art der Arbeit zulässt;

  3. schnellstmöglich einen „Sicher-Arbeiten-Gipfel“ einberuft und gemeinsam mit den Bremischen Unternehmen und Arbeitgeber*innen notwendige Maßnahmen berät, um das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz auf ein absolutes Minimum zu reduzieren;

  4. für die Beschäftigten in Bremen und Bremerhaven alle Möglichkeiten nutzt, um ihnen angesichts des Infektionsgeschehens ein sicheres Arbeiten zu ermöglichen. Hierzu gehören: 

 

  • weitgehende und verbindliche Möglichkeiten des Mobilen Arbeitens und das Aussetzen der Präsenzpflicht am Büroarbeitsplatz,

  • Entzerrung der Schichtzeiten bzw. weitgehende Stundenreduzierungen im produzierenden Gewerbe,

  • Einführung von regelmäßigen Testungen aller Arbeitsnehmer*innen, die aus betrieblich zwingenden Gründen nicht im Home-Office arbeiten können

  • Sicherstellung und Kontrolle der Einhaltung der Hygiene-Regeln am Arbeitsplatz. Kontrollen sollten regelmäßig durch die Gewerbeaufsicht erfolgen. Bei Verstößen müssen konsequent Ahndungen folgen.

   5. die oben beschriebenen Maßnahmen für den Öffentlichen Dienst und alle Bremischen Eigenbetriebe konsequent umsetzt und sich bei allen bremischen Beteiligungen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten dafür einsetzt, dass diese die Maßnahmen ebenfalls umsetzen.

Zusätzlich zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens in der Arbeitswelt sehen wir dringenden Handlungsbedarf beim effektiveren Schutz der vulnerablen Gruppen und im Bereich der effektiven Umsetzung der Maßnahmen.

Gesundheitsschutz ausweiten

Zusätzlich zu den bestehenden Maßnahmen der Pandemiebekämpfung schlagen wir im Sinne eines besseren Gesundheitsschutzes folgende Ergänzungen vor:

1. Selbsttestungen ermöglichen

Wir brauchen eine schnelle Umsetzung der Möglichkeiten zur Selbsttestung.

Studien belegen, dass Selbsttestungen im vorderen Nasenbereich eine annähernd gleiche Sicherheit im Ergebnis bringen wie ein herkömmlicher Schnelltest. Über den Verkauf in Drogerien sollen sie allen Menschen zugänglich gemacht und bei der Bekämpfung der Pandemie helfen. Der bisherige Weg der Schnelltestungen mit einem tiefen Nasenabstrich ist nur über geschultes Fachpersonal möglich und wirkt zu eingegrenzt. Wir erwarten von der MPK einen entsprechend deutlichen Auftrag an die Bundesregierung, die Zulassung dieser Selbsttests mit Nachdruck voranzutreiben.

2. Ausweitung des Tragens von FFP2/KN95-Masken

FFP2/KN95-Masken schützen deutlich besser vor Ansteckungen als Alltagsmasken. Sie sollten daher überall dort getragen werden, wo Menschen auf engem Raum zusammenkommen, z.B. im ÖPNV. Die bisherige Abgabe an Senior*innen und Risikogruppen soll auf Bezieher*innen von Transferleistungen ausgedehnt werden.

3. Einkaufszeiten für ältere Menschen und Risikogruppen

Wir schlagen vor, dass die Einrichtungen des Einzelhandels in der Zeit von 9:30 Uhr bis 11:00 Uhr nur von Kund*innen genutzt werden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben oder bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf besteht. So kann verhindert werden, dass diese Risikogruppen vermehrten Kontakten ausgesetzt sind. Erledigungen zum täglichen Bedarf können risikovermindert und selbstständig getätigt werden.

4. Rehabilitationssport

Nach Operationen und Verletzungen ist Rehabilitationssport unerlässlich für den Heilungsprozess. Auch Menschen mit Behinderungen brauchen regelmäßigen Reha- Sport, um beweglich zu bleiben. Bremen sollte daher, wie fast alle Bundesländer, für ärztlich verordneten Reha-Sport Ausnahmen vom Gruppensportverbot zulassen.

Bremen, 18. Januar 2020