Die Sitzungen im Oktober 2008

Die Sitzungen im Oktober 2008

 

Aus dem Landtag vom 9. Oktober 2008

 

CDU und FDP scheitern mit unanständiger Effekthascherei

Als "dunkles Reich" hat die CDU heute das Sozialressort in der Debatte um ihren Missbilligungsantrag gegen Senatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) bezeichnet. Das mag den Christdemokraten so vorkommen, weil ihr Blick durch die Rauchschwaden des eigenen politischen Feuerwerks getrübt zu sein scheint. Die Diskussion um den Kindeswohl-Bereich hat den Konservativen aber sicherlich geholfen, wieder klarer zu sehen. Ihre Behauptung jedenfalls, dass die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses nach dem schrecklichen Tod des kleinen Kevin nur unzureichend umgesetzt werden, konnte das Ressort widerlegen.

So ist das Jugendamt inzwischen rund um die Uhr telefonisch erreichbar. Vakante Stellen in der Jugendhilfe sind besetzt worden. Die MitarbeiterInnen des ambulanten Sozialdienstes einschließlich der Führungskräfte nehmen an Qualifizierungen teil. Eltern von Neugeborenen in benachteiligten Stadtteilen werden mehrfach besucht. Die elektronische Fallakte wird voraussichtlich ab 2009 auch als Diagnosetool genutzt werden können, weil die erforderlichen EDV-Programme erst bis zum Jahresende entwickelt sein werden. Die Wochenkonferenz wird mittlerweile stadteilbezogen durchgeführt. Vor allem aber ist das Vier-Augen-Prinzip bei schwierigen Fällen eingeführt worden. Damit soll verhindern, dass ein 'Fallmanager' wie bei Kevin verheerende Fehlentscheidungen treffen kann.

Natürlich sind damit noch nicht alle Probleme beim Kindesschutz behoben. Das zeigen rund 600 Inobhutnahmen nur in diesem Jahr. "Wer sich angesichts dieser Zahl hinstellt und so tut, als sei das Jugendamt allein für die Lösung der Probleme verantwortlich, der verkennt aber, dass es hier eine gesamtstaatliche Aufgabe gibt. Hier ist die gesamte Politik von der Bildung bis zur Stadtentwicklung gefragt. Wir müssen auch die Hilfen für Eltern verbessern, die mit ihren Kindern offenkundig überfordert sind. Und wir müssen ein noch engeres Netzwerk knüpfen. Es ist wichtig, dass Kinderärzte, Kitas, Schulen und die Jugendhilfe noch engmaschiger zusammenarbeiten", bekräftigte Klaus Möhle.

Der Vizefraktionsvorsitzende von Bündnis 90/DIE GRÜNEN wies zugleich die Behauptung von CDU und FDP, dass keine Verbesserungen erfolgt seien, energisch zurück. "Es ärgert mich maßlos, wie Sie versuchen, mit dem sensiblen Kindeswohl-Thema parteipolitisch zu punkten. Das ist eine Machart von Politik, die unanständig ist. Uns geht es darum, dass solch ein Fall wie Kevin nie wieder passiert. Das sollte die allererste Prämisse sein", erklärte Klaus Möhle an die Adresse von Christdemokraten und Liberalen.

Abschlüsse von MigrantInnen besser anerkennen

Die Wirtschaft klagt über Fachkräftemangel. Doch bei der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes geht es mit dem halbherzigen Aktionsprogramm der Bundesregierung ebenso schleppend voran wie bei der Mobilisierung des bereits vorhandenen Potenzials. Viele qualifizierte ZuwanderInnen leben schon in der Bundesrepublik, doch oftmals werden ihre Berufsabschlüsse nicht anerkannt. "Wenn zugewanderte Physiker aus der Ukraine als Taxifahrer arbeiten oder Lehrerinnen aus der Türkei als Putzfrauen, dann ist hier etwas falsch. Dann ist das eine nicht hinnehmbare Verschwendung von Talenten und Ressourcen. Wir wollen ein Versäumnis der letzten Jahre endliche angehen: Berufliche Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen muss ein fester Bestandteil unserer Integrationspolitik werden", erläuterte Zahra Mohammadzadeh, migrations- und integrationspolitische Sprecherin, einen von den Grünen initiierten Antrag. Der sieht vor, dass Bremen sich jetzt auf Bundesebene für eine erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen und einheitliche Verfahren einsetzt.

Bislang gelten für MigrantInnen je nach Herkunft andere Vorschriften. Außerdem sind unterschiedliche Stellen in einem kaum überschaubaren Labyrinth an der Anerkennung von Abschlüssen beteiligt. Der Zugang zu Informationen über Anerkennungsmöglichkeiten muss nach Ansicht der Grünen dringend verbessert werden. Bremen soll dazu beispielsweise mit einem mehrsprachigen Internet-Wegweiser beitragen. Vor allem müssen hier lebende MigrantInnen verstärkt die Chance erhalten, ihre Abschlüsse durch Zertifikate und Nachqualifizierungen zu ergänzen und damit den Anforderungen des deutschen Arbeitsmarktes zu entsprechen. Gerade bei MigrantInnen ist die Arbeitslosenquote überproportional hoch. Das zeigt: Mit der bisherigen Praxis werden die mitgebrachten Talente vergeudet. Die verbesserte Anerkennung der Abschlüsse eröffnet den Menschen hingegen den Zugang zum Arbeitsmarkt.

"Deutschlands Wirtschaft leidet an einem Fachkräftemangel. Auf dem internationalen Arbeitsmarkt verschärft sich schon heute der Kampf um die besten Köpfe, also um Talente und Qualifikationen. Da aber droht Deutschland mehr und mehr ins Hintertreffen zu geraten. Was ist also logischer, als das Humankapital zu nutzen, das bereits im Land vorhanden ist. Hier schlummert ein Schatz, den es zu heben gilt", betonte Zahra Mohammadzadeh.

Verbesserungen für Schwule und Lesben in Bremen

Nichteheliche Lebensgemeinschaften und gleichgeschlechtliche Partnerschaften erhalten in der Bremer Landesverfassung denselben Anspruch auf Schutz und Förderung wie Ehen und Familien. Die entsprechende Verfassungsänderung hat der Landtag heute auf gemeinsamen Antrag von Grünen, SPD, Linke und FDP beschlossen. Die bisherige Ungleichbehandlung ist aus grüner Sicht sachlich nicht zu rechtfertigen. Schließlich bedeutet Familie, dass Menschen verbindlich und auf Dauer füreinander einstehen. Das bedeutet beispielsweise eine gegenseitige Verpflichtung zum Unterhalt, wie das bei eingetragenen Partnerschaften längst der Fall ist. Außer der Verfassungsänderung hat der Landtag dafür votiert, die noch bestehende Ungleichbehandlung bei Regelungen des Landesrechts zu beseitigen. So sollen nun das Bremische Ruhelohngesetz, das Verwaltungsverfahrensgesetz und die Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen novelliert werden.

"Wir wollen die Diskriminierung und Benachteiligung von Schwulen und Lesben endlich beenden", so Klaus Möhle, schwulen- und lesbenpolitischer Sprecher der Grünen.

Neben der Gleichbehandlung in der Verfassung und im Landesrecht will die Regierungskoalition mit weiteren konkreten Maßnahmen dafür sorgen, die Chancengleichheit von Schwulen und Lesben zu fördern und ihrer Diskriminierung entschieden entgegen zu wirken. Um zielgenaue Verbesserungen zu erreichen, sind verlässliche Daten erforderlich. Deshalb soll der Senat nun einen detaillierten Bericht zur Lebenssituation von Schwulen und Lesben in Bremen erstellen. Der Bericht soll unter anderem aufzeigen, ob die Lebenssituation von jungen Lesben und Schwulen in der Schule, bei der Familienberatung und bei kommunalen Angeboten für Jugendliche berücksichtigt wird. Zudem hinterfragt die Koalition, ob Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung oder auch Gewaltprävention erforderlich sind. Ferner soll der Bericht klären, ob die Bedürfnisse homosexuell lebender Menschen in der Altenhilfe und bei der Konzeption von Altenwohnheimen berücksichtigt werden.

Grüner Anstrich der Linken schnell abgeblättert

Die Linke wollte sich heute im Landtag einen grünen Anstrich geben. Doch der ist in der Debatte rasch abgeblättert. Zur Diskussion stand ihr Antrag 'Nachhaltige Beiträge zum Umwelt- und Klimaschutz leisten'. Darin finden sich u.a. Forderungen nach Recyclingpapier für Bremer Amtsstuben oder auch Wasserspartasten für WC-Spülungen. Löblich. Der Haken nur: "Das, was die Linke prüfen lassen will, macht Rot-Grün schon längst – nur sie hat es nicht einmal gemerkt", so Karin Mathes, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, in der Debatte.

Entgangen ist der Linken offenbar, dass mit grüner Regierungsbeteiligung die öffentliche Beschaffung an ökologischen, fairen und sozialen Kriterien ausgerichtet wird. Und ökologisch bedeutet natürlich auch Recyclingpapier. Die Wasserspartechnik ist längst installiert. Ebenso sind beispielsweise im Umweltressort die konsequente Abfalltrennung, der Wechsel auf energiesparende Kopiergeräte, die Aktion 'Mit dem Rad zur Arbeit' und vieles mehr umgesetzt.

Anstatt auf Worthülsen zu setzen, könnte die Linke ja selbst mal Ernst machen mit dem Umwelt- und Klimaschutz. Und sich als Fraktion mit einem verbindlichen Umweltmanagementsystem nach EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) zertifizieren lassen, wie das die Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN schon vor Jahren als erste bundesweit gemacht hat. Dabei werden etwa der Papier-, Wasser- und Energieverbrauch oder auch die zurückgelegten Reisekilometer geprüft. Die Grünen haben längst z.B. stromfressende Kopierer gegen energiesparende Geräte ausgetauscht oder auch papiersparende Drucker mit Duplexfunktion eingeführt. "Glaubwürdigkeit setzt voraus, dass man auch bei sich selbst handelt", so Karin Mathes zur Linken.

 

Aus dem Landtag vom 8. Oktober 2008

 

Seeschifffahrt vor zunehmender Piraterie schützen

Piraterie ist zunehmend wieder ein Problem auf den Weltmeeren. Allein vor der Küste Somalias haben Piraten in diesem Jahr über 30 Schiffe gekapert. Darunter war auch der Frachter "BBC Trinidad" einer Bremer Reederei, der nur gegen ein Lösegeld in Millionenhöhe wieder frei kam. Piraten bringen die Handelsschiffe inzwischen mit Panzerfäusten in ihre Gewalt. Die Handelsschiffe müssen gegen die Übergriffe von Piraten geschützt werden. Dafür haben sich die Grünen heute in der aktuellen Stunde zur Pirateriebekämpfung ausgesprochen. Bremen ist als Schifffahrtsstandort mit seinen boomenden Häfen auf sichere Seewege angewiesen. Die EU-Verteidigungsminister haben sich darauf geeinigt, gemeinsam gegen die Piraten am Horn von Afrika vorzugehen.  Der UN-Sicherheitsrat hat bereits unter Beteiligung der somalischen Übergangsregierung die Staaten ermächtigt, in den Hoheitsgewässern des ostafrikanischen Staates gegen die schwer bewaffneten Piraten vorzugehen.

"Die Verhütung von Piraterie und die Sicherung der Seewege sind Aufgaben der kollektiven Sicherheit, die nur mit einem Mandat der UN und nicht eigenmächtig in Erweiterung bestehender Mandate zur Terrorabwehr wie 'Enduring Freedom' durchgeführt werden dürfen. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Bundesmarine vor der somalischen Küste als Küstenwacht einzusetzen, muss sie dem Bundestag unter Berufung auf ein Mandat der Vereinten Nationen einen separaten Antrag für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte vorlegen", betonte Frank Willmann, hafen- und schifffahrtspolitischer Sprecher der Grünen.

Verteidigungsminister Jung (CDU) will indes den Einsatzspielraum der Marine grundlegend verändern und sie mit einer Verfassungsänderung zu einer maritimen Weltpolizei zu machen. "Wer dies unter dem Deckmantel der Pirateriebekämpfung versucht, legt die Axt ans Grundgesetz. Eine maritime Weltpolizei und militärische Küstenwachtruppe würde vor dem Bundesverfassungsgericht stranden", so Frank Willmann.

Bund muss mehr Verantwortung für Bildung übernehmen

Bremen setzt sich beim Bildungsgipfel am 22. Oktober dafür ein, dass der Bund mehr Verantwortung für Bildung und Wissenschaft übernimmt. Das sieht ein Antrag vor, den der Landtag auf grüne Initiative beschlossen hat. Die Situation an deutschen Schulen und Hochschulen ist alarmierend, wie der Bildungsbericht 2008 erneut deutlich macht: In kaum einem anderen Land besteht ein so enger Zusammenhang zwischen den Bildungschancen und der sozialen Herkunft eines Kindes. Eine hohe Zahl von SchulabbrecherInnen, kaum Berufschancen für HauptschülerInnen und Defizite in der Weiterbildung sind weitere Kritikpunkte. Nicht zuletzt schließen hierzulande viel zu wenig junge Menschen ein Hochschulstudium ab, während der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften steigt und steigt. Die Ausgaben für Bildung insgesamt sind gemessen am OECD-Schnitt weiterhin unterdurchschnittlich.

"Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, die Länder dürfen mit den Herausforderungen nicht allein gelassen werden. An der Qualität des Bildungswesens hängt unsere Position als florierender Wirtschaftsstandort", betonte Anja Stahmann, bildungspolitische Sprecherin der Grünen, in der Debatte.

Aus grüner Sicht sind das Ganztagsschulprogramm, der Hochschulpakt und die Exzellenzinitiative erfolgreiche bildungspolitische Instrumente, die fortgesetzt werden müssen. Beim Gipfeltreffen von Bund und Ländern sollten eine Verständigung auf gemeinsame Bildungsstandards erreicht und Verabredungen für eine einheitliche Besoldungsstruktur für Lehrkräfte getroffen werden – schließlich dürfen Kinder in armen Bundesländern nicht unter einer geringeren Unterrichtsqualität leiden, weil gutes Lehrpersonal in reiche Länder abwandert. Ferner ist eine gemeinsame Strategie des Bundes und der Länder für gute Lehre erforderlich. Die Republik benötigt dringend mehr StudienanfängerInnen und weniger StudienabbrecherInnen. Der Bund muss sich verstärkt und dauerhaft an der Finanzierung von Hochschulbildung beteiligen. Bremen will außerdem darauf hinwirken, dass der Bund künftig für bedürftige Kinder die Kosten für Schulmaterialien übernimmt. Nicht zuletzt muss auch eine gemeinsame Strategie für mehr lebensbegleitendes Lernen entwickelt werden, denn auch darum ist es hierzulande im internationalen Vergleich nicht gut bestellt.

 

Aus der Stadtbürgerschaft vom 7. Oktober 2008

 

Zusätzliche Kräfte sollen Bremer Stadtamt unterstützen

Bei der Ausländerbehörde türmen sich unbearbeitete Akten. Liegen geblieben sind dort rund 1800 Anträge auf Aufenthaltsgenehmigungen und Duldungen. Zudem müssen knapp 21.000 Briefe abgearbeitet werden. Allein die Untätigkeitsklagen kosten Bremen jährlich 60.000 Euro. Das ist der Scherbenhaufen, den der ehemalige Innensenator und heutige CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp der rot-grünen Koalition hinterlassen hat.

Rot-Grün geht die Probleme im Stadtamt an. Um unerledigte Akten zu bearbeiten und Wartezeiten zu verringern, erhält das Stadtamt zusätzliche MitarbeiterInnen - schließlich sind die BremerInnen vielfach auf die reibungslose Arbeit des Stadtamtes angewiesen. Die Personalverstärkung hat Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) nach einer Einigung mit Finanzsenatorin Karoline Linnert (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) heute in der Stadtbürgerschaft in der Debatte um eine Große Anfrage aller Bürgerschaftsfraktionen zu den Zuständen im Stadtamt mitgeteilt.

Neben der gezielten Personalverstärkung erwarten die Grünen allerdings auch, dass der Senat nach weiteren Entlastungsmöglichkeiten für die Beschäftigten sucht. Möglicherweise lässt sich durch eine Änderung der Praxis eine Entlastung der Bediensteten erreichen. Das betrifft beispielsweise die Arbeit der Ausländerbehörde. "Diese war bis vor einem Jahr zu einem nicht unwesentlichen Teil damit beschäftigt, sogenannte Kettenduldungen zu erteilen. Das heißt: Menschen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft, die keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten, mussten sich alle paar Wochen immer wieder neu eine entsprechende Bescheinigung bei der Ausländerbehörde besorgen. Hier erwarten die Grünen weitere Initiativen des Ressorts, um entsprechende Ermessensspielräume und Erlasse im Sinne der Integration hier lebender AusländerInnen auszunutzen. Damit schaffen wir auch Luft für die MitarbeiterInnen", betonte Björn Fecker, innenpolitischer Sprecher der Grünen.

Shared Space-Konzept für Bremen prüfen

Wenn es zu schnell, zu laut, zu hektisch zugeht auf der Straße, sorgen Behörden üblicherweise mit Schildern für Ordnung. Doch mit dem Gegenteil lassen sich womöglich bessere Ergebnisse erzielen. Erfahrungen aus niederländischen, dänischen und englischen Städten zeigen: Ohne Regeln wird der Verkehr sicherer. Shared Space (gemeinsam genutzter Raum) heißt das Konzept. Dabei wuseln FußgängerInnen, Rad-, Motorrad- sowie Lkw- und AutofahrerInnen durcheinander. Das Konzept gibt keinem und damit allen Vorfahrt und zwingt so jede(n), auf ihre/seine Mitmenschen aufzupassen. Wo solche Schilder fehlen, verlassen sich VerkehrsteilnehmerInnen lieber auf den direkten Blickkontakt.

Ob auch Bremen dieses innovative Verkehrsprinzip an geeigneten Stellen einführen kann, soll nun eingehend untersucht werden. Einen entsprechenden Antrag hat die Stadtbürgerschaft heute auf Initiative der Regierungsfraktionen beschlossen.

"Nur indem sich alle VerkehrsteilnehmerInnen vorausschauend und mit gegenseitiger Rücksichtsnahme verhalten, ist der Straßenverkehr sicher. Auf diesem Prinzip basiert Shared Space. Erste Ergebnisse zeigen einen deutlichen Rückgang der Unfallzahlen dort, wo Shared Space eingeführt wurde. Allerdings wird man Shared Space nicht flächendeckend in Bremen umsetzen können. Das Konzept gesteht zu, dass stets Räume benötigt werden, die ausschließlich Verkehrsfunktionen erfüllen, um den Menschen ein schnelles Vorankommen zu ermöglichen", so Maike Schaefer, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen.

Der Senat soll nun geeignete Flächen für die Umsetzung eines Modellprojektes ausfindig machen. Mögliche Shared Space-Projekte sollen mit Beteiligung von AnwohnerInnen und Beiräten sowie des Landesbehindertenbeauftragten und der Behindertenverbände entwickelt werden. Denn zu klären ist u.a., wie das Shared Space-Konzept mit den Belangen beispielsweise von Sehbehinderten und Blinden zu vereinbaren ist.

CDU will die Meinungsfreiheit von SenatorInnen einschränken

Die Christdemokraten sind mit einem Antrag gescheitert, der im Kern eine Meinungszensur für Umweltsenator Reinhard Loske (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) bedeutet hätte. Die CDU hatte gefordert, dass der Senator nicht mehr öffentlich über den Abriss der Hochstraße und von Innenstadt-Parkhäusern spekulieren sollte. Ob das nicht irgendwann in der Zukunft vorteilhaft für Bremen sein könnte, darüber hatte Reinhard Loske in einem Zeitungsinterview laut nachgedacht. Wie vor ihm auch schon der ehemalige CDU-Bausenator Jens Eckhoff . . .

"Es ist ja wohl selbstverständlich, dass ein Senator in der Öffentlichkeit seine Visionen zur Diskussion stellen darf. Und mehr als eine Vision oder Spekulation ist es derzeit auch nicht. Wo sind wir denn, dass wir den SenatorInnen eine Zensur für Ideen auferlegen oder die Meinungsfreiheit aberkennen", wies Maike Schaefer, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, die CDU-Forderung zurück.

Sie erinnerte die Christdemokraten zugleich daran, dass die Hochstraße alles andere als eine Visitenkarte für die Bremer City ist. "Diese Hochstraße konterkariert jegliches Innenstadt-Marketing", betonte Maike Schaefer. Auch Architekten und Kaufleute sähen den Abriss gerne. In der Zukunft könnte es dafür gute Gründe geben. "Bei immer weiter steigenden Benzinpreisen werden die Menschen weniger Auto fahren und vermehrt auf den ÖPNV oder das Rad umsteigen. Daher ist es legitim zu überlegen, ob in Zukunft nicht Parkhäuser am Rand der Innenstadt ausreichen, da die Menschen die Geschäfte bequem mit dem ÖPNV erreichen können. Und ob es noch so viel Verkehr gibt, dass der Erhalt der teuer in Stand gehaltenen Hochstraße gerechtfertigt ist, wird sich zeigen. Eine Innenstadt mit weniger Autos, mit weniger Abgasen und Verkehrslärm macht sie zum Verweilen und Shoppen ungemein attraktiv. Das muss man auch mal als Standortvorteil und nicht immer nur als Nachteil begreifen", erklärte die grüne Verkehrspolitikerin.