Die Sitzungen im Mai 2010
Die Sitzungen im Mai 2010
Aus dem Landtag vom 20. Mai 2010
Grundschulen in freier Trägerschaft: Die dritte Gewalt entscheidet
Mit dem Dringlichkeitsantrag "Gründung von Grundschulen in freier Trägerschaft zulassen – Auf Rechtsmittel verzichten!" versuchten die Fraktionen von FDP und CDU einen Keil in die rot-grüne Koalition zu treiben. Warum? In der Frage von freien Schulen sind SPD und Grüne gegenteiliger Meinung. Der Oppositionsantrag (siehe hier) gibt nämlich genau die Mehrheitsmeinung in der Grünen-Fraktion wieder und beschreibt auch den Vorgang. Zwei Initiativen hatten bei der Bildungsbehörde die Gründung von privaten Grundschulen beantragt, was abgelehnt wurde. Diese Initiativen bekamen allerdings vor dem Verwaltungsgericht Recht, die SPD-Bildungssenatorin hat gestern dennoch fristgerecht einen Antrag auf Berufungszulassung gestellt, obwohl die Aussichten, diese Verfahren zu gewinnen, äußerst gering sind.
CDU-Bildungspolitiker Rohmeyer sagte dann auch in der Debatte, worum es ihm eigentlich geht: "Wenn auch die Abstimmung gegen unseren Antrag ausgehen wird, zwingt er immerhin Frau Stahmann, hier herumzueiern." Worauf Anja Stahmann, grüne bildungspolitische Sprecherin, konterte: "Ich werde hier keine rhetorischen Verrenkungen machen. Es gibt einen politischen Dissens in der Koalition. In der Aktuellen Stunde im März zum gleichen Thema sagte ich ›Die humanistische Schule hat nach dem Grundgesetz einen Zulassungsanspruch.‹ Punkt. Das unterstreiche ich. Dieser Anspruch besteht, weil der Schule eine Weltanschauung zugrunde liegt. In zwei Bundesländern, Berlin und Bayern, ist das schon anerkannt. Bremen verträgt auch die zweite, die ›Freie Schule‹, ohne dass die Stadtgesellschaft auseinanderfällt. Privatschulen müssen allerdings mehr zugewanderte Kinder und solche aus benachteiligten Familien aufnehmen, das tut ihnen gut."
Abschließend begründete Stahmann, warum die Grünen-Fraktion den Oppositionsantrag ablehnt: "Unsere Haltung zu den vorliegenden Anträgen der beiden Schulen wird von unserem Koalitionspartner nicht geteilt. Das ist legitim. In Koalitionen ist man nicht immer einer Meinung. Wir sind an den Koalitionsvertrag gebunden, der vorsieht, in Sachfragen nicht unterschiedlich abzustimmen. Wir können uns in der Sache nicht einigen. Es gibt auch keine Lösung, die wir durch Überweisung erwirken. Die Fälle werden nun gerichtlich geklärt. Ich denke, auch in der Sache im Sinne der Schulinitiativen. Faktisch überweisen wir die Anträge an die dritte Gewalt."
Stipendienprogramm fördert soziale Schieflage
Am 4. Juni steht die Gesetzesinitiative der Bundesregierung, ein nationales Stipendienprogramm zu schaffen, auf der Tagesordnung des Bundesrats: Anlass für den grün-roten Dringlichkeitsantrag, der den Senat auffordert, dem nicht zuzustimmen und auf eine sozial gerechtere Studienfinanzierung hinzuwirken, die das BAföG weiterentwickelt und die familienbezogenen Leistungen künftig nicht den Eltern, sondern den Studierenden direkt auszahlt.
Silvia Schön, wissenschaftspolitische Sprecherin: "Es kann und darf nicht sein, dass 71 Prozent der Akademikerkinder eine Hochschulausbildung machen, aber nur 23 Prozent der Nicht-Akademikerkinder. Sie sind nicht dümmer, sie haben lediglich schlechtere Chancen im Bildungssystem und bei der Finanzierung ihres Studiums. Nun kommt die schwarz-gelbe Bundesregierung und verschärft diesen Missstand. Sie will bis zu acht Prozent der Studierenden über dieses Programm fördern. Das ist teuer und nicht zielführend."
Geplant ist, dass nach Begabung und Leistung Stipendien von 300 Euro im Monat von den Hochschulen vergeben werden, finanziert zur Hälfte aus der Privatwirtschaft und zu je einem Viertel vom Bund und den Ländern. Die Verwaltungskosten sollen die Länder zahlen, die Hochschulen sollen die privaten Spender einwerben. Die privaten Spender können sich die Personen und die Studiengänge aussuchen, die sie fördern wollen; und sie müssen sich nur für zwei Semester verpflichten.
"Wem soll so ein Stipendium eigentlich helfen?", fragte Silvia Schön, "Ein Jahr Finanzierungsgarantie, dabei viel Verwaltungsaufwand. Es hilft niemandem! Wir wissen von den Begabtenförderwerken, dass gerade die Studierenden aus den Akademikerfamilien deutlich bessere Chancen haben als aus Nicht-Akademikerfamilien. Dieses Programm wird die soziale Disparität erhöhen und ist das Gegenteil von Chancengerechtigkeit."
Gleichzeitig will die Bundesregierung das Büchergeld für die Stipendiaten der Begabtenförderwerke von 80 Euro auf 300 Euro im Monat erhöhen. Dagegen laufen selbst die Nutznießer, die Stipendiaten, Sturm, In einer Online-Petition haben sie auf die soziale Schieflage aufmerksam gemacht und sind der Auffassung, dass die Bundesregierung in der Form davon Abstand nehmen soll. Schön: "Was ist das für eine Regelung, bei die Nutznießer in der Form Nein sagen? Wir tun das auch und bitten den Senat, auf die Bundesregierung einzuwirken, um das Geld zur Ausstattung des BAföG einzusetzen. Das ist bitter nötig, denn das BAföG wird lediglich um zwei Prozent angehoben."
CCS: Bremen ist kein Kohlendioxid-Mülleimer
Die Firma Vattenfall, eines der vier größten Energieunternehmen, nennt CCS eine "Technologie für den Klimaschutz". Was ist CCS? Dazu schreibt Vattenfall: "Mit Hilfe der Carbon Capture and Storage-Technologie können Braun- und Steinkohle verbrannt werden, ohne dass CO2 in die Atmosphäre gelangt. Es wird stattdessen aus den Verbrennungsgasen abgespalten und unterirdisch gespeichert.Das CO2 wird bereits im Kraftwerkprozess abgeschieden. Im Anschluss wird das abgeschiedene CO2 verflüssigt –unter hohem Energieaufwand und über Pipelines, Zügen und Schiffe zu den unterirdischen Endlagerungsstätten transportiert."
Dazu Maike Schaefer, energiepolitische Sprecherin der grüne Fraktion: "Um ihrer Kohlepolitik einen grünen Anstrich zu verpassen, propagieren die Energieriesen jetzt CO2-Endlager, die für Kohlekraftwerke mehr Klimaschutz vorgaukeln soll, ohne im Geringsten auf die Risiken hinzuweisen, die diese Technologie mit sich bringt, und das ist unverantwortlich!"
Sie benannte vier Punkte, weshalb die Grünen diese Technologie ablehnen:
- Für das CCS-Verfahren muss das aufgefangene CO2 zunächst mit großem Energieaufwand verflüssigt werden. Damit reduziert sich der ohnehin schon geringe Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken um etwa 10 Prozentpunkte auf dann nur noch 35 Prozent.
- Konzentriertes CO2 ist ultragiftig und geruchlos. Lecks in der Pipeline oder im Endlager würden erhebliche Risiken für Mensch und Natur bedeuten.
- Die CO2-Abscheidung und -Speicherung befindet sich noch im Entwicklungsstadium, so dass Nutzen, Wirksamkeit, Risiken und langfristige Folgen dieses Verfahrens noch weitgehend ungeklärt sind. Es existiert derzeit keine gesicherte Risikoabschätzung.
- Die Wirtschaftlichkeit von CCS ist aufgrund der hohen Kosten und der Verringerung der Wirkungsgrade der Kraftwerke höchst zweifelhaft.
Bereits im vergangenen Jahr habe es Interessenbekundungen für Lagerstättenerkundungen gegeben, weshalb die Grünen mit der SPD in einem Antrag den Senat auffordern, weiterhin Lagerstättenerkundungen für unterirdische Kohlendioxidspeicherung als auch dem Bau von Rohrleitungen zum Transport von verflüssigtem CO2 durch das Land Bremen die Zustimmung zu versagen. Maike Schaefer: "Wir sind doch hier in Bremen nicht der CO2-Mülleiner für die fossilen Energieriesen. Besser als Kohlendioxid zu lagern ist allemal, den Klimakiller gar nicht erst zu erzeugen. Wir setzen im Land Bremen auf den Ausbau der erneuerbaren Energien."
Aus dem Landtag vom 19.5. 2010
"Geld regiert die Welt – wer regiert das Geld?"
Mit diesem von der Süddeutschen Zeitung geklauten Zitat brachte Hermann Kuhn, für Finanzen und Europa zuständig, den Gegenstand der heute abgehaltenen, von der Grünen-Fraktion initiierten Aktuellen Stunde auf den Punkt. Die Hilfsmaßnahmen für Griechenland, der Rettungsschirm für den Euro, die katastrophalen Steuerschätzungen vom 5. Mai und die Steuerpolitik der Bundesregierung bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalen wurden unter dem Thema "Euro-Krise und Steuerschätzung – Handlungsfähigkeit des Staates sichern!" diskutiert.
Hermann Kuhn zog fünf Lehren aus den Ereignissen der vergangenen Monate: "Die dritte Stufe der Finanzkrise, in der wir gegenwärtig stecken, ist Staatsschuldenkrise, Krise wegen der Staatsschulden. Sie ist brandgefährlich und sie kann letztlich nur durch den Weg aus der Schuldenfalle gelöst werden. (…) Das ist meine erste Lehre: Raus aus den Schulden; sie sind für Gemeinwesen, für Wohlstand und für Gerechtigkeit und Demokratie am Ende brandgefährlich. Deswegen werden wir ganz bestimmt nicht der Linken folgen, die uns angesichts der letzten Steuerschätzung raten, in Bremen gleich die Brocken hinzuschmeißen.
Zweitens: Es mag ja, nein es wird schon stimmen, dass die Europäische Union mit den Hilfsmaßnahmen für Griechenland und mit dem Rettungsschirm von insgesamt 750 Mrd. Euro "nur" Zeit gekauft hat und dass der Erfolg vom politischen (Spar-)Willen in Athen, Madrid, Lissabon, Paris und Berlin abhängt. Aber die Maßnahmen waren richtig. Denn die Stabilität des Euro war offensichtlich bedroht, von innen wie von außen. Sie musste bewahrt werden. Denn die Stabilität des Euro ist nicht Athen oder Brüssel, sondern sie ist die Stabilität unseres Geldes, unserer Wirtschaft, unserer Exportmöglichkeiten, unserer Investitionen, unserer Arbeitsplätze; und die Stabilität des europäischen Zusammenhalts und der europäischen Integration, deren Wahrung und Mehrung seit 60 Jahren das Herzstück deutscher Interessen ist. Deshalb war es richtig, dass der Senat der Freien Hansestadt Bremen dem Rettungspaket für Griechenland zugestimmt hat. Und er hat unsere volle Unterstützung dafür, am kommenden Freitag auch dem Rettungsschirm zuzustimmen.
Drittens, zur Frage der Verantwortung des Finanzsektors: Der sachliche Grund der Krise liegt zunächst nicht bei den Banken und Finanzjongleuren. Der sachliche Grund ist die Schwäche und Anfälligkeit von Staaten wegen übermäßiger Verschuldung. Aber natürlich ist es so, dass man solche Schwächen helfen kann zu überwinden; oder man kann sie sich zunutze machen, Geld aus ihr machen. Man kann darauf wetten, dass die Schwachen noch schwächer werden – und sie, und das ist der Witz der Sache –, durch seinen Einsatz tatsächlich noch schwächer machen und damit großes Geld verdienen. Das ist gegen Griechenland in großem Umfang geschehen, und es gab wohl sichere Anzeichen, dass es in noch größerem Umfang geschehen sollte.
Ich habe vor drei Wochen ein Interview mit der Bundeskanzlerin gesehen, in dem sie sagte, es sei perfide, dass dieselben Banken, die man mit Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet und mit billigem Geld versorgt habe, nun dieses Geld in die Hand nähmen und auf den Zerfall Griechenlands und gegen die Stabilität des Euro wetteten, und damit gegen uns. Recht hat Frau Merkel: So ist das Geld, wenn man es lässt. Die Frage ist aber ja offensichtlich: Warum lässt man es? Warum setzen wir ihm nicht endlich klare Regeln, dem großen Geld? Vorschläge liegen ja längst auf dem Tisch: Verbot von Leerverkäufen, Handel mit Kreditausfallversicherungen nur zum Abdecken eigener Risiken; Einrichtung einer unabhängigen europäischen Rating-Agentur; Kontrolle der Hedgefonds; Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer, die nicht nur den Unsinn beenden würde, dass wir auf unsere Brötchen Umsatzsteuer zahlen, auf Finanzgeschäfte aber nicht. Sondern die auch deshalb segensreich wäre, weil sie die eine oder andere Spekulationswelle unrentabel machen würde.
Die vierte Lehre hat Barroso gezogen: ›Es gibt keine Währungsunion ohne Wirtschaftsunion‹. Diese große Diskussion hat gerade erst begonnen, die Kommission hat erste Vorschläge gemacht. Es geht um mehr Transparenz und frühzeitige Information; mehr Kontrolle, auch Sanktionen; um mehr Abstimmung und Kooperation in der Wirtschafts- und Steuerpolitik der Europäischen Union. So schwierig diese Diskussionen werden, ich bin überzeugt von ihrer Notwendigkeit, weil die reale gegenseitige Verflechtung und Abhängigkeit so groß ist, dass die Handlungen eines jeden Staates auf die anderen wirken – Beispiel: der Überschuss des einen ist das Defizit des anderen –; und weil wir uns nur gemeinsam behaupten können.
Die fünfte Folgerung ist, und da mache ich jetzt einen Sprung: Die Geisterfahrt weiterer – ich betone weiterer – unverantwortlicher Steuersenkungen ist durch die Abwahl von CDU und FDP in NRW endlich gestoppt. Das hat Frau Merkel am Morgen nach der Wahl – auch hier viel zu spät! – eingesehen, und selbst Herr Westerwelle hat behauptet, die Signale gehört zu haben. Wie auch immer, die veränderten Mehrheiten im Bundesrat werden dazu führen, dass es in dieser Frage wenigstens nicht schlechter werden wird. Aber, meine Damen und Herren, und das zeigt uns ja die dramatische Steuerschätzung vom 5. Mai, es wäre zu wenig, wenn es nur nicht noch schlechter wird. Es muss besser werden für die Finanzen der Länder und vor allem der Kommunen, bei denen die Finanzlage ja besonders zugespitzt ist: Damit die Handlungsfähigkeit des Staates für die Gemeinschaft wiedererlangt und gesichert wird. Die Grünen schlagen dafür vor: Anhebung der Steuersätze in der Spitze, Einführung einer Vermögensabgabe, Rücknahme der Steuergeschenke bei Erbschaftssteuer und anderswo, Abbau ökologisch kontraproduktiver Subventionen, Stabilisierung der Gewerbesteuer als kommunale Wirtschaftssteuer und eine Finanzmarkttransaktionssteuer."
Bibliotheken sonntags öffnen
Mit einem Kompromiss startet Bremen das Projekt, die Bibliotheken auch sonntags zu öffnen: Die Stadtbibliothek kann aus besonderen Anlässen an vier Sonntagen im Jahr öffnen, die Zweigstellen an zwei Sonntagen – allerdings funktioniert das nur, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dies auf freiwilliger Basis, "ehrenamtlich" tun.
Karin Krusche, kulturpolitische Sprecherin, sagte in der Debatte gleich vorweg: "Wir Grünen würden es sehr begrüßen, wenn die Stadtbibliothek an Sonntagen geöffnet haben könnte. Öffentliche Bibliotheken gehören für uns, ebenso wie Museen, zur kulturellen Infrastruktur einer Stadt. Öffnungszeiten an Sonntagen würden insbesondere Familien eine gemeinsame Nutzung zu ermöglichen."
Auch auf Bundesebene gebe es zunehmend Unterstützung für Sonntagsöffnungen von öffentlichen Bibliotheken: Das Präsidium des Deutschen Städtetags hat den Bund aufgefordert, Sonntagsöffnungen zu ermöglichen, und der Deutsche Kulturrat und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland haben sich in einer gemeinsamen Erklärung für eine neue Sonntagskultur ausgesprochen, die eine Sonntagsöffnung von öffentlichen Bibliotheken beinhaltet.
Allerdings steht dem Ansinnen die Regelung des Bundesarbeitszeitgesetzes entgegen, das die Beschäftigung an Sonntagen ausdrücklich verbietet – von Ausnahmen abgesehen. Karin Krusche: "Wir Grünen haben, was das Arbeitszeitgesetz angeht, eine andere Meinung als die SPD, das will ich hier gar nicht verschweigen. Gleichwohl: Wir sind in einer Koalition mit der SPD, was wir gut finden, und daher haben wir uns auf einen Kompromiss verständigt. Mit dem 4+2-Modell machen wir uns auf den Weg, ein Anfang ist damit gemacht."
Nachfolge von Prof. Baltes als Vizepräsident des Rechnungshofs geklärt
Nach einem langen Bewerbungsverfahren, in dem sich die Fraktionen nicht auf eine Person verständigen konnten, wurden heute in der Bürgerschaft die beiden FavoritInnen zur Wahl gestellt. Besonders daran war, dass SPD und Grüne sich nicht über die Person einig waren und dem Koalitionsvertrag zum Trotz die Abstimmung in dieser Frage frei gestellt haben.
In geheimer Abstimmung wurde Detlef Meyer-Stender mit 45 von 81 Stimmen zum Vizepräsidenten des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen gewählt.
Streitfall Hafen für die Offshore-Windenergie
Die Windenergiebranche baut in den nächsten zwanzig Jahren diverse Windenergieanlagen mit rund 25.000 Megawatt vor der Küste in der Nordsee (offshore) und benötigt dafür dringend eine spezielle Hafenanlage, um die riesigen Anlagen fertig montiert an Ort und Stelle ins Meer bringen zu können. Bremerhaven hat sich in dem Sektor rundum gut aufgestellt, und derzeit werden mögliche Standorte im Bereich der Luneplate für einen solchen Schwerlasthafen geprüft. Vorübergehend kann das derzeit nicht ausgelastete Container-Terminal I genutzt werden, was allerdings Transporte durch die Stadt zur Folge hat.
Die Linke hat nun in einem Antrag gefordert, auf einen neuen Hafen zu verzichten und das CT I für die Offshore-Windenergie auszubauen. Frank Willmann, Bremerhavener und grüner Wirtschaftspolitiker, erläuterte, warum der Antrag abzulehnen sei: "Sie sprechen selber von Nachhaltigkeit, Ökologie und Ökonomie beim Ausbau eines Standorts CT I und vergessen die Menschen in der Stadt, die unter zunehmenden Schwerlastverkehren leiden werden. Sie erklären den nachhaltigen Nutzen eines Standorts, der logistisch zu einer Unmenge vermeidbarer Transporte führen wird. Sie erklären den ökologisch sinnvollen Ausbau des CT I – einer bereits versiegelten hoch intensiv genutzten Spezial-Industriefläche – und beschreiben ökonomisch die Wertigkeit eines Standorts, der Millionen von zusätzlichen Logistikkosten produziert, die Sie dann hinterher den Energiekonzernen in deren Preispolitik ankreiden werden."
Willmann führte weiter aus: "Die zentrale Herausforderung für unsere Gesellschaft ist die ökologische und ökonomische Wende in der Energie- und Klimaschutzfrage. Die Maßnahmen zur Begrenzung des weltweiten Klimawandels sind unabdingbar von der konsequenten Umstellung der Energiegewinnung abhängig. Im ambitionierten Klimaschutzziel der Bundesregierung hat Bremerhaven nun seinen zentralen Platz gefunden, mit dem ein gesamter Strukturwandel in der Stadt eingeläutet ist, der sogar in der Wirtschaftskrise in der Lage ist, Arbeitsplätze und damit dauerhaft Beschäftigung aufzubauen."
Bremerhaven sei bestens aufgestellt: von Hochschule, Windkanal und Fraunhofer-Institut über industrielle Fertigung im klassischen Stahlbausegment, des technisch hochkomplexen Anlagenbaus, der Hightech-Fertigung von Flügeln weiter zu komplexen Testverfahren und nicht zuletzt hin zu einer speziellen Logistik zu Wasser und an Land. Selbst der Support für Training, Sicherheit und Versorgung ist am Ort. Einzig die Frage des Transports und der Verschiffung der den Kölner Dom überragenden Anlagen sei noch nicht auf nachhaltige Füße gestellt.
Frank Willmann zog das Fazit: "Für uns Grüne ist diese Entwicklung und dieser Prozess exemplarisch für das grüne Konzept des Green New Deal: die Verknüpfung von ökologischen, arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftlichen Zielen."
Aus der Stadtbürgerschaft vom 18.5. 2010
BremUmBOG
Karin Mathes, umwelt- und verbraucherschutzpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion und Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft, befasste sich in der Stadtbürgerschaft mit dem "Ortsgesetz zur Änderung des Ortsgesetzes über Stadtgrün Bremen, Eigenbetrieb der Stadtgemeinde Bremen, und zur Überleitung der Entsorgungsbetriebe der Stadtgemeinde Bremen (BremUmBOG)".
Mit diesem Ortsgesetz wird die rechtliche Grundlage für die Zusammenlegung der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) und dem Betrieb "Stadtgrün Bremen" in den neuen Betrieb "Umwelt Bremen" geschaffen. Dadurch spart die Stadt Bremen über einen Zeitraum von zwanzig Jahren – also nach und nach ohne Entlassungen – fast fünf Millionen Euro.
"Die Fusion ist der richtige Weg, um Qualitätsverbesserungen zu erreichen und gleichzeitig Kosten zu senken. Der neue Umweltbetrieb bündelt die Stärken von Stadtgrün und BEB", betonte Karin Mathes in der Debatte. "Sowohl das Ergebnis als auch der Prozess der Fusion können sich sehen lassen. Durch Reform der Verwaltungsstrukturen kommt es zur dauerhaften Kostenverringerung ohne Einschränkung der Dienstleistungen. Das ist modellhaft auch für andere Bremer Verwaltungen oder städtische Betriebe", hob Mathes weiterhin hervor.
Zugleich wurde auch das Ortsgesetz über die Entsorgung von Abfällen in einem auch überregional beachteten Punkt geändert. Dabei geht es um die rechtssichere Entfernung von offensichtlich beschädigten, fahruntüchtigen Fahrrädern, die an vielen Stellen das Straßenbild verschandeln. Ähnlich wie bei nicht angemeldeten Kfz wird an einem solchen Fahrrad der Hinweis angebracht, innerhalb von vier Wochen das Rad zu entfernen. Geschieht dies nicht, wird es von "Umwelt Bremen" fachgerecht entsorgt.
VEB Weserburg?
Die CDU forderte in einem Antrag vom Senat ein "nachhaltiges Zukunftskonzept Weserburg" bis Ende August. Dabei ließ sie außer Acht, dass die Weserburg-Stiftung zusammen mit dem Kulturressort ohnehin an einem neuen Konzept arbeitet, das im September vorliegen soll. Und sie schien vergessen zu haben, dass der Senat bei einem Sammlermuseum als Stiftung privaten Rechts der falsche Adressat ist, auch wenn es Zuwendungen von der Stadt bekommt. Die Stadt Bremen ist im Stiftungsrat mit einem Sitz und einer Stimme vertreten, nicht mehr und nicht weniger.
Karin Krusche, kulturpolitische Sprecherin, brachte denn auch die Sache auf den Punkt: "Ich überlege mir die ganze Zeit, was Sie als CDU-Fraktion hier mit Ihrem Antrag eigentlich bezwecken. Ist es tatsächlich so, dass Sie im Interesse einer Neuaufstellung der Weserburg mit einem Antrag vors Parlament ziehen, oder ist es nicht vielmehr so, dass Sie das Museum als Vehikel nehmen, um gegen den Kultursenator und Bürgermeister zu Felde zu ziehen, was weder der Weserburg hilft, geschweige denn der Kulturpolitik in Bremen."
Und Krusche stellte fest: "Ihr Antrag stellt den Erhalt der Weserburg unter bestimmte Voraussetzungen, was ja so viel bedeutet wie: Sollten Ihre Voraussetzungen nicht erfüllt werden, wäre das gleichbedeutend mit einem Verzicht auf diese Einrichtung. Wenn Sie das so meinen, dann sagen Sie das bitte auch so deutlich."
Und nachdem der CDU-Sprecher auch im zweiten Redebeitrag nicht den eigenen Antrag erläuterte, warf Krusche ihm schlicht Wahlkampf vor.
Dass der Antrag am Ziel vorbei geht, sahen alle anderen Fraktionen ebenso, und so verlor die CDU das Spiel mit 4:1.
Die Linke spielt weiter "Wünsch dir was"
Die katastrophalen Nachrichten nach Bekanntgabe der Mai-Steuerschätzung hallen noch in den Ohren, da kommt die Linke mit dem nächsten Antrag, der im Vorgriff auf den nächsten Haushalt Geldausgaben vorsieht. Dieses Mal ging es um den Erhalt der Bürgerhäuser.
Karin Krusche: "Es ist unstrittig dass die Bürgerhäuser in Bremen ein wichtiger Bestandteil der soziokulturellen Stadtteilarbeit sind. (…) Angesichts der dramatischen Finanzlage Bremens werden auch die Bürgerhäuser darüber nachdenken müssen, welche Möglichkeiten es gibt, neue Einnahmen zu generieren. Bei diesem Prozess wird die Koalition die Bürgerhäuser begleiten und unterstützen."
Und an die Linke gewandt: "Ihr Antrag ist ersten fachlich nicht richtig, denn die Mitarbeiter der Bremer Bürgerhäuser stehen nicht in einem Beschäftigungsverhältnis mit der Stadtgemeinde. Zweitens stellt sich die Frage einer Privatisierung überhaupt nicht, da die Häuser bereits heute in privater Rechtsform durch die Trägervereine betrieben werden. Vor allem aber ist Ihr Antrag ein Vorgriff auf die Haushalte 2011 und folgende. Angesichts der Haushaltslage werden wir hier jetzt keine Einzelentscheidungen treffen, die haushaltsrelevant sind. Wir werden uns, wie vorgesehen, im Herbst mit der Situation der Bürgerhäuser befassen und schauen, wie die Existenz der Häuser gesichert werden kann im Rahmen der Haushaltsberatungen. Dem jetzt hier durch Ihren Antrag vorzugreifen, halten wir für unseriös und lehnen Ihren Antrag ab."
Das machten denn auch alle anderen Fraktionen. Wiederum 4:1.
2009:
Die Sitzungen im Dezember 2009
Die Sitzungen im November 2009
Die Sitzungen im September 2009
2008: